Zweifarbstar
Zweifarbstar
Lamprotornis bicolor (Syn. Spreo bicolor)
(African Pied Starling)
Die Vorstellung dieser Starenart ist meinem Freund Ernst Schubert gewidmet.
Ernst gilt mit seinem Wissen durch Literaturkenntnis, Informationssammlung und Beobachtungfreude und seinen Erfahrungen aus der Haltung und Vermehrung von Starenarten, als gerne zur Hilfe gerufener Berater. Ernst pflegte viele Arten, die heute in Deutschland nicht mehr zu finden sind. Er hat ein Faible für unauffällige, oft dunkel gefiederte Vögel. Zu seinen letztgehaltenen Staren gehörten u.a. Ufermainas, Grauglanzstare oder auch die Zweifarbstare. Seine andauernde Erkrankung zwang ihn im Herbst 2013, die Vogelhaltung aufzugeben. Aus diesem Grund habe ich die Zweifarbstare nun bei mir.
Es handelt sich beim Zweifarbstar um eine recht große Starenart, die mit 28 cm Länge der Größe eines Mittelbeos (Gracula religiosa) entspricht. Das Gefieder ist tiefdunkelbraun mit einem dunklen, kupferfarbenen Glanz auf Hals, Brust und Flügeln. Der Unterbauch ist weiß, bis leicht beige gefärbt. Auffallend sind neben der gelben Iris bei den Altvögeln auch der gelbe Unterschnabel und die gelben Schnabelränder. Letztere sind eher bei Jungvögeln vieler Vogelarten zu sehen, als bei adulten Tieren. Es gibt keinerlei Geschlechtsdimorphismus.
In den 1980er Jahren gab es eine Veröffentlichung über die Vermehrung von Zweifarbstaren in der Bundesrepublik. Ansonsten sind keine Berichte in der deutschsprachigen Presse bekannt. Im Internet wird man auf der Suche, speziell zur Haltung dieser Starenart, nicht fündig. Angaben zum Lebensraum und zur Lebensweise und gute Fotos von den Tieren sind reichlich vorhanden. Nach meinem Wissen ist derzeit weder in zoologischen Einrichtungen, noch bei privaten Haltern diese Starenart zu finden. Traurigerweise muss ich davon ausgehen, dass bei mir die einzigen in Deutschland vorhandenen Zweifarbstare leben. In diesem Bericht stütze ich mich ausschließlich auf das 1998 erschienene englischsprachige Buch “Starlings and Mynas” von Chris Feare und Adrian Craig aus der Reihe Helm Identification Guides.
In der jüngeren Literatur ist diese afrikanische Starenart überwiegend als Vertreter der Gattung Lamprotornis zu finden und heißt entsprechend Lamprotornis bicolor. Auch der offizielle deutsche Name trägt dem Rechnung und nennt ihn Zweifarb-Glanzstar.
Als Turdus bicolor wurde diese Starenart von Gmelin 1789 erstmals beschrieben. In der Systematik gab es für die Gattung Spreo seit 1859 über die Jahre etliche Veränderungen. Zeitweise verschwand der Gattungsname ganz und die Arten wurden in anderen Gattungen geführt. Seit 1990 ist die Zuordnung, auch an Hand von genetischen Untersuchungen, auf drei Arten beschränkt, nämlich S.bicolor, S.fischeri (Fischerglanzstar) und S.albicapillus (Weißscheitel-Glanzstar). Bei Chris Feare und Adrian Craig ist auch noch der Grauglanzstar (S.unicolor) als vierte Art unter Spreo zu finden.
In der Heimat:
Zweifarbstare leben endemisch in Südafrika, Lesotho und Swasiland. Lediglich in den nordwestlichen Wüstengebieten fehlen sie. Im offenen Gelände, Gestrüpp und Dornbüschen, Grasland und auf landwirtschaftlichen Flächen, in bergigen Regionen bis 2500 m NN und bis hin zu den Küsten im Westen und Süden sind sie zu finden. Ihr gesamtes Verbreitungsgebiet wird auf etwa 790.000 km² geschätzt. In vielen Bereichen sind die Vögel offenbar ansässig. Unter anderem auch auf Bauernhöfen und kleinen ländlichen Ortschaften, in größeren Städten fehlen sie jedoch. Es gibt große Ansammlungen in Gemeinschaftsquartieren, in denen mehr als 1000 Vögel ihre Schlafplätze in Röhricht oder auf Bäumen suchen. In kleineren Gruppen, auf scheinbar immer gleichen Flugrouten, kommen und verlassen die Vögel das Quartier. Bis in die Dunkelheit sind sie lautstark zu hören, beim Verlassen des Schlafplatzes in der Morgendämmerung sind ihre Rufe eher sporadisch. Gruppen von Gemeinen Staren (Sturnus vulgaris) begleiten oft die Zweifarbstare. Häufig treten Zweifarbstarscharen im Verbund mit Lappenstaren (Creatophora cinerea) auf. Genistet wird allerdings nur sehr selten zusammen.
Ihr Futter besteht hauptsächlich aus Insekten einschließlich Termiten, Ameisen und Käfern. Daneben werden Samen, Obst und saftige Blätter gefressen. Gesehen wurden sie bei Heuschreckenschwärmen, und beim Suchen nach Amphipoden (Flohkrebsen) aus Seetang am Strand und in felsigen Gezeitenzonen. Man trifft die Zweifarbstare auch auf Schafen oder Rindern sitzend, beim Entfernen von Ektoparasiten oder störenden Insekten, an.
Die Jungen werden mit Termiten, Raupen, Tausendfüßlern, Käfern, Libellen, Heuschrecken, kleinen Reptilien und Zecken, die sie von Rindern entfernen, sowie mit Obst z. B. Feigen und Weintrauben aus Gärten, aber auch Küchenabfällen wie Brot und Brei gefüttert.
Zum Nisten werden in der Regel Höhlen in Flussufern, aber auch Löcher in Heuballen oder Gebäuden und natürliche Baumhöhlen genutzt. Für den Nestbau wird Gras, schlammige Stücke von Pflanzen z.B. Seggen, und Wurzeln, Wolle, Papier oder Seilstücke verwendet.
Die Hauptbrutzeit dieser Starenart dauert in Südafrika von September bis Januar. Eine zweite „kleinere“ Hauptzeit liegt zwischen April und Mai, was aber nicht bedeutet, dass nicht auch in allen anderen Monaten Bruten erfolgen. Häufig wird zwei Mal gebrütet. Die Tiere sind monogam und brüten in der Regel allein, aber durchaus auch in Kolonien von wenigen Paaren. Gelege von Zweifarbstaren werden gerne von Brutparasiten wie dem Großen Honigzeiger (Indicator indicator) und vom Häherkuckuck (Clamator glandarius) genutzt.
Ein Gelege besteht aus 2 bis 6 Eiern, seltener bis 8 Eiern, die blau-grün gefärbt sind. Allein die Weibchen bebrüten das Gelege 14 bis 16 Tage. Die Nestlingszeit beträgt 23 bis 27 Tage. Die Aufzucht der jungen Zweifarbstare erfolgt gemeinsam.
Bis zu sieben Vögel wurden als Helfer der Eltern beobachtet. Langzeitstudien haben nachgewiesen, dass Helfer in erster Linie subadulte Vögel waren und dass manche Helfer dies über mehrere Jahreszeiten blieben und oftmals das gleiche Brutpaar besuchten. Die meist jugendlichen Mitfütterer sind die aktivste Gruppe. Sie versuchen auch erwachsene Tiere zu füttern, was aber eindeutig nicht als Balzfütterung erkannt wurde. Dieses Verhalten kann ein Mittel zur Schaffung oder Aufrechterhaltung der Bindung mit anderen Individuen sein. Seltener, also in einigen Fällen, wurde ein Helfer später der Partner eines der Vögel, dem er zuvor geholfen hatte.
Die Informationen über die Helfer sind interessante Aspekte, die wohl niemand in der Haltung bisher berücksichtigt hat oder konnte.
Diese Starenart hatte keine Bedeutung für die Haltung in Europa. Sie ist daher selten und folglich kostspielig in der Anschaffung gewesen. Andererseits gibt es, wie schon erwähnt, keine Haltungsberichte, so dass man davon ausgehen kann, dass diese Starenart genauso behandelt wurde wie es die meisten Halter mit ihren wechselnden Beständen praktizieren: „Kennst du einen, kennst du alle“. Also – paarweise Haltung in bepflanzter Voliere und Innenraum.
Hierin liegt ein prinzipieller Fehler. Das Wissen über die natürlichen Lebensräume und Verhaltensprinzipien der Tiere ist ein Muss für eine artgemäße, nachempfundene Gestaltung des neuen Lebensumfeldes. Dies ist sicher schwierig genug, aber jeder Versuch ist es wert.
In der Voliere:
Nachdem Ernst Schubert notgedrungen ziemlich schnell alle seine Vögel abgeben musste und bei mir die Zweifarbstare zunächst in einer Innenvoliere unterkamen, begann schon mein Suchen nach Informationen für eine langfristige, gute Betreuung der Vögel. Ernst hatte mich gut vorbereitet, aber selbst suchen hat auch seinen Reiz.
Diese Tiere kamen 2011 als Jungvögel geschlossen beringt über England und Belgien zu Ernst Schubert. Erkennen konnte er ihr etwaiges Alter an der noch nicht gelb gefärbten, sondern dunklen Iris. In den zwei Jahren, die er die Tiere pflegte, kam es zwar zu Brutversuchen, aber nicht zur Vermehrung.
Bei mir bezogen die Stare eine Innenvoliere von 2,00 m x 1,10 m x 1,60 m als Winterquartier in einem Raum mit drei weiteren Volieren, für die Zeit von Ende September 2013 bis Mitte April 2014. Die Vögel schien die beengte Unterbringung, nicht zu stören. Sie waren weder ängstlich noch hektisch. Nach kurzer Zeit kamen sie beim Füttern bis nahe an die Luke. Die Temperaturen in dem Raum lagen tagsüber bei 20°C bis 22°C und nachts zwischen 15°C und 18°C. Beleuchtet wurde mit Neonlicht von 8:00 Uhr bis 20:00 Uhr.
Die Fütterung stellte ich leicht um, da ich genau die Futtermittel, die sie vorher bekamen, nämlich F16 und Widdemolen Beoperlen als Grundfutter, nicht zur Verfügung hatte. Sie bekamen von nun an Uni Patee Premium mit Spirulina von Versele-Laga und T16 als Grundfutter. Geschnittenes Obst wurde sehr wenig genommen, umso begieriger aber Zophobas und Pinkis. Mehlwürmer und Heimchen waren und sind immer zweite Wahl.
Mitte April 2014 war es inzwischen draußen wärmer als in der Innenvoliere bei Nacht. Es gab also keinen Grund, den Vögeln nicht Platz im Freien zu bieten. Die Voliere, die sie nun beziehen mussten, hatte keinen angrenzenden Schutzraum. Sie ist 3 m breit, 6 m lang und hat eine Höhe von 2 m. Die Rückwand, sowie zwei Meter der Seitenwand zur angrenzenden Voliere sind verkleidet. Zwei Meter der Voliere sind überdacht.
Bestückt ist sie mit Ästen einer Esche und einem dicken, gespannten Seil. Auf dem naturbelassenen kahlen Boden wachsen eine Scheinzypresse und eine Tanne. Dem großen Badebedürfnis Rechnung tragend, steht eine Badeschale von 30 cm Durchmesser zur Verfügung. Das Futter wird auf einem Tisch in 45 cm Höhe gegeben. In dieser Voliere gelang die erste Vermehrung, dazu aber später mehr.
Im Herbst 2014 bezogen die Stare dann ihre jetzige und bleibende „Behausung“. An die 10 m lange, 2 m breite und 2 m hohe Voliere ist ein Innenraum mit einer Fläche von 2,5 m x 1,5 m und 2,2 m Höhe angeschlossen, die im Winter auf 15°C erwärmt werden kann. Somit fällt das beengte Unterbringen über die kalten Jahreszeiten weg und die Tiere haben die Möglichkeit, auch dann den Außenbereich zu nutzen. Eine Längsseite bildet eine Gebäudewand und eine Stirnseite von 2 m ist verkleidet. Dadurch ist der gesamte Nord-Ost-Bereich witterungsgeschützt. Bepflanzt ist diese Voliere ähnlich der Ersten. Das Futter wird nun allerdings ausschließlich im Innenraum gegeben. Die Sitzstangen sind zumeist im oberen Drittel der Volieren befestigt. Von hier aus werden von den Staren gezielt Stellen auf dem Boden angeflogen. Der war allerdings in hier von einer Grasschicht bedenkt.
Zweifarbstare sind auch „Fußgänger“. Sie hassen es förmlich, und unterlassen es daher, auf feuchtem Gras zu gehen. Sie suchen allmögliche Dinge (Steine, Erlenzapfen, Pflanzenteile, Asseln, Regenwürmer und Nistmaterial) um sie den anderen Anwesenden gackernd zu zeigen, umher zu schleppen und schließlich irgendwo anders fallen zu lassen. Das können sie aber nur, wenn der Boden übersichtlich ist. Nachdem ich das Gras fast restlos entfernt habe und auch die Bepflanzung in Bodennähe reichlich ausdünnte, wurden ihre Betätigungen am Boden deutlich intensiver. Allerdings habe ich sie noch nicht gezielt den Boden nach Futter absuchend durch die gesamte Voliere laufen gesehen, wie ich es z.B. von meinen Seidenstaren kannte. Eher fliegen sie eine Stelle auf dem Boden an und folgen von da aus mit schnellen Schritten einer vermeintlichen Beute oder sie sammeln die verschiedenen Dinge ein.
Zweifarbstare nutzen überwiegend den oberen freien Bereich zum Fliegen. Man wird sie nicht in der Bepflanzung klettern sehen. Auch ein Durchfliegen von Zweigen geschieht nicht. Lediglich die oberen Äste werden als Warte kurzzeitig genutzt. Die Bepflanzung hat für die Vögel nicht einmal als Rückzuggebiet oder Deckung Bedeutung. Einschränkend muss man aber vielleicht sagen, dass eine Bepflanzung mit Schilf, Bambus oder lichten Laubsträuchern sie eventuell zu anderen Verhaltensweisen veranlassen könnte. Es ist aber sicher immer darauf zu achten, dass die Pflanzen nicht den Flugbereich und die Sicht der Vögel beeinträchtigen.
Zweifarbstare sind Vögel mit einem breiten Stimmenrepertoire. Der harte, kreischende Alarmruf ertönt unter anderem, wenn ich mit dem Kescher über den Hof gehe oder mit fremden Leuten in die Nähe der Voliere komme. Das charakteristische wreek – wreek hört man während des Fluges und besonders in den Abendstunden, bis in die Dunkelheit. Unabhängig von der Jahreszeit ist von allen Vögeln, ob Männchen oder Weibchen, ein melodiöser Gesang, bestehend aus harten Tönen, verhaltenen Trillern und eingebautem Spotten zu hören. Das Männchen ist dabei sicherlich intensiver. Es hat unter anderem das klagende Miauen einer Katze phantastisch gelernt. In der letzten Zeit werden zunehmend Töne der seit Kurzem in der Nachbarvoliere untergebrachten Schwarzbrustdrossel imitiert.
Von Ernst Schubert war mir bekannt, dass das Männchen ihm gegenüber ein Balzverhalten zeigte. Gleiches passiert nun regelmäßig bei mir. Dabei fliegt es auf ca. 30 cm Abstand heran, knickt mit den Beinen mehrmals so ein, dass es fast auf der Sitzstange liegt, gackert und gluckst laut und flattert mit den Flügeln über dem Körper, so dass die Flügelspitzen über dem Rücken fast zusammenstoßen. Dieses Flattern wirkt recht ungestüm und unkoordiniert. Gleichzeitig wird die gelbe Iris merklich breiter. Es kann sich also nicht um ein imitiertes Betteln handeln, da die Jungvögel die gelbe Iris noch nicht haben und folglich nicht als Signalzeichen einsetzen können.
Vermehrung:
In der Sommervoliere, in der die Zweifarbstare 2014 lebten, waren zwei Nistkästen unter der Überdachung angebracht. Eine Naturholzbruthöhle, mit einem Innendurchmesser von 22 cm und einem Einflugloch von 8 cm, interessierte die Vögel nicht einen Moment. Sie wählten den Bretterkasten mit den Innenmaßen 23 cm x 25 cm und einem Einflugloch von 6 cm Durchmesser. Gefüllt wurde dieser Kasten mit allem was ich anbot. Das waren lange Gräser, kurze feine Gräser, Kokosfasern, Blätter von Johannisbeer- und Buchenzweigen, sowie – von Ernst Schubert empfohlen – einige Fetzen von Schlangenhaut. Mir stand die abgestreifte Haut einer Netzpython zur Verfügung. Da sie in ihrer Heimat auch Papier und Folienteile zum Nestbau verwenden, war die Schlangenhaut eine natürliche Alternative zum Müll.
Natürlich hat man die Hoffnung, dass eine Brut bevor steht, wenn man seine Tiere mit Nistmaterial hantieren sieht, aber Ernst hatte diese Aktionen in den zwei Jahren auch schon ohne das gewünschte Ergebnis erlebt.
Hier war es nun etwas anders, da ich beobachten konnte, dass das zweite Tier immer erst erschien, nachdem der andere den schrillen Warnruf höre ließ. Am 10. Mai 2014 sah ich beim Füttern durch das Einflugloch vier Eier im Nest liegen. Am 21. Mai wurde ich mit dem Futter von den Vögeln bereits, auf dem besagten Futtertisch sitzend, erwartet. Sie gingen gerade mal auf 10 bis 20 cm Abstand und sammelten schon die ersten Pinkis, als ich noch das restliche Futter gab. Damit durchflogen sie die Voliere und warteten, bis ich weg war, um dann direkt den Nistkasten anzufliegen. Am folgenden Tag sah ich wieder in den Kasten, darauf bedacht, es kurz zu machen und als „zufällig“ wirken zu lassen. Drei Jungvögel waren geschlüpft, ein Ei war verschwunden. In der Folgezeit unterließ ich es, in das Nest zu schauen. Mitte Juni, am sechszehnten, war ein Vogel ausgeflogen (siehe Foto) er war fast genauso groß wie die Alttiere, etwas schlanker und natürlich etwas ungelenk beim Fliegen und speziell beim Landen auf den Sitzstangen.
Zwei Tage später kontrollierte ich dann den Kasten, fand aber keinen weiteren Jungvogel. Der Eine verließ in den ersten drei Wochen nicht ein die Sitzstangen und Seile, um auf dem Boden zu laufen. Er wurde weder an der Wasserschale, noch den Altvögeln hinterher trabend gesehen. Auch saß er meist alleine nahe der angrenzenden, komplett zugewachsenen Voliere (für Augenbrauenhäherlinge), aber nicht in der vorhandenen Bepflanzung.
Am 26. Juni, also zehn Tage nach dem Ausfliegen des jungen Zweifarbstares, kontrollierte ich den Nistkasten erneut. Voran gegangen war ein reges Aufsuchen durch die Alten. Vier Eier fand ich wieder vor. Um dies für diesen, lange geplanten Artikel zu dokumentieren, versuchte ich noch am Tag darauf Fotos zu machen. Dazu musste ich den Deckel kurzzeitig entfernen. Es war eine Minutensache und trotzdem ein Fehler. Von nun an wurde der Kasten nicht mehr aufgesucht, so dass ich am 30. Juni erneut nachschaute, aber kein Gelege mehr vorfand. Damit war die Brutzeit für die Zweifarbstare 2014 beendet.
Nach dem Umzug der drei Vögel in ihre jetzige Unterbringung kränkelte der Jungvogel (es ist ein Weibchen) im Oktober merklich. Sie fraß kaum, saß aufgeplustert auf dem Futtertisch und ließ sich schließlich ohne weiteres fangen. Separat untergebracht dauerte es drei Wochen, bis sie hektisch im oberen Bereich förmlich durch die Gegend knallte. Sie bekam zunächst eine größere Behausung und blieb so bis Januar 2015 untergebracht, bis eine Entscheidung fiel.
Durch Erfahrungen mit anderen Vögeln war mir klar, dass ich den einmal von den Eltern entfernten Jungvogel wohl kaum wieder dazu setzen kann. Was also anfangen mit einem Vogel, für den man mit Sicherheit keinen Partner findet? Eine gewisse Aggressivität gegenüber anderen Vögeln billigt man ihm vorsichtshalber zu und verbietet sich damit eine Vergesellschaftung. Diese großen Vögel benötigen Platz und den konnte ich zu der Zeit nicht bieten.
Beklemmend für mich war die Kommunikation, die zwischen den Elterntieren und dem jungen Weibchen erfolgte. Sie waren zwar außer Sicht-, aber nicht außer Hörweite. Es war erbarmenswert, zumal die Befürchtung bestand, dass sich das Jungtier in seiner Unterkunft in einer Innenvoliere von 1,6 m Länge, 0,8 m Breite und 1,2 m Höhe durch sein hektisches Umherstürmen auf Grund der Kontaktrufe noch selbst verletzt.
Inzwischen war mir die Artbeschreibung aus der oben genannten Literatur bekannt. Die Informationen über die erwähnten Helfer brachte mich schließlich dazu, alle Warnungen von Ernst Schubert und meine eigenen Bedenken wegzuschieben und die Vögel wieder zusammen zu setzen. Mein Bangen wurde sofort durch die lautstarke Begrüßung und das gemeinsame, albern aussehende Umherflattern, zerstreut. Selbst wenn man glaubt, alles sei gut, hat man häufig doch noch ein leicht mulmiges Gefühl. Meine kurzen, über zwei Tage andauernden Kontrollgänge zeigten mir nur, dass ich nichts falsch gemacht habe. Die Tiere leben immer noch alle zusammen in einer Voliere.
Ende Mai 2015 hatten wir hier noch keine, über mehrere Tage dauernde, warme Zeit. Nachts lagen die Temperaturen meistens zwischen 4°C und 8°C. Trotzdem haben die Zweifarbstare angebotenes Nistmaterial verschleppt. Ich hoffte, dass es im Kasten so aussah wie auf dem Foto zum zweiten Brutversuch im Juni 2014. Kontrolliert habe ich das diesmal nicht. Sporadisch war das Weibchen immer mal über einige Tage im Kasten verschwunden. Es kam in diesem Jahr aber zu keiner Brut.
Das junge Weibchen hatte nun im September, also mit einem Alter von einem Jahr und vier Monaten, die gelbe Iris wie die Alttiere. Es singt und schwätzt genauso intensiv wie die Eltern, manchmal sogar ausdauernder und lauter als das alte Männchen.
Nachtrag:
Gelegentlich passiert ja schon so etwas wie „ein Wunder“. Vielleicht gibt es in der Leserschaft doch noch jemanden, der diese Vögel hält und so wie ich Kontakte sucht. Mich würde es freuen, wenn gelänge, diese tollen Vögel in den Volieren durch Nachzuchten zu erhalten.
Bernd Simon Oktober 2015
Verwendete Literatur:
Chris Feare, Adrian Craig, Barry Croucher, Chris Shields and Kamol Komolphalin
1998
Christopher Helm (Publishers) Ltd, a subsidiary of A & C Black
(Publishers) Ltd, 35 Bedford Row, London WCIR 4JH
0-7136-3961-X
Dieser Bericht ist in der „Gefiederten Welt“ 3/2016 erschienen ; Seite 12 bis 16.