Orangebauch-Blattvogel
Orangebauch-Blattvogel
Familie : Chloropseidae (Blattvögel) (syn.: Irenidae – Feenvögel)
Wissenschaftlich : Chloropsis hardwickii
Deutsch : Orangebauch-Blattvogel
Englisch : Orange-bellied Leafbird
Französisch :Verdin de Hardwicke
Holländisch :Oranjebuikbladvogel
Chloropsis hardwickii hat 4 Subspezies
Chloropsis hardwickii hardwickii
Chloropsis hardwickii melliana
Chloropsis hardwickii lazulina
Chloropsis hardwickii malayana
© Paul Huang
© Neil Fifer
Nachstehend ein Bericht über die gelungene Zucht des Orangebauch – Blattvogels durch Herrn Dr. E. Günther
Blattvögel sind als Gäste in den Anlagen deutscher Vogelzüchter seit vielen Jahren bekannt. Sie bilden eine nur kleine Vogelfamilie, der zur zeit acht Arten zugeordnet werden. Ihre Heimat ist der südostasiatische Festlandsraum von Thailand bis China und die malayische Inselwelt. Neben dem Goldstirn-Blattvogel dürfte der Orangebauch-Blattvogel wohl die zweithäufigste eingeführte Art sein.
Ich konnte im Frühjahr 2002 ein Paar dieser Vögel bei Bürgel, Uthleben, erwerben. Die Vögel stammen aus China und unterscheiden sich farblich deutlich von solchen aus Thailand. Beim Versuch, dafür eine Erklärung zu finden, stieß ich mit Hilfe von Dr. Grummt (1) auf die Tatsache, dass es vier Unterarten dieser Art gibt, ein Umstand, der in der Fachliteratur in Deutschland bisher offenbar keine Beachtung gefunden hat.
Mein Paar ist allein wegen des geschlossenen Herkunftsgebietes wahrscheinlich unterartenrein, aber wohl nicht die Nominatform, als welche ich der Beschreibung nach die Thailändische vermute. Der wissenschaftliche Artenname müsste also einen dritten Begriff enthalten, den ich aber leider (noch) nicht kenne.
Meine Vögel erwiesen sich entgegen den Warnungen bei BAARS (2) und STEINIGEWEG (3) als überhaupt nicht streitsüchtig, weder untereinander, noch gegenüber anderen Mitbewohnern. Ich hielt sie im ersten Jahr zusammen mit Brillenvögeln und Rotschwanzsivas, die sogar Junge aufzogen, ohne dass es Ärger gab.
Die Nahrung besteht aus Früchten, vor allem Banane, weichen Birnen, Mandarinen u.ä., jeweils aufgeschnitten. Sie fressen eigentlich jede Frucht, wenn sie süß und weich ist. Wichtig ist ein Nektargetränk. Man kann fertige Lorigetränke nehmen oder sie aus Fruchtsäften und Traubenzucker selbst herstellen. Das ist keine „Nascherei“, sondern Teil der Grundnahrung! Mehlkäferlarven und allerlei kleine Kerbtiere werden in geringer Zahl das ganze Jahr über gefressen, während Brut und Aufzucht in außerordentlichen Mengen.
Die Vögel kommen aus den Tropen, leben dort aber bis in über 2000 m Höhe, sind also nicht sonderlich empfindlich. Nach der Eingewöhnung, während der man sich sehr um sie kümmern sollte, kann man sie unserem mitteleuropäischen Wetter von Frühjahr bis Herbst bedenkenlos aussetzen. Ich halte sie bis 5°C Außentemperatur auch in der Außenvoliere. Wenn es kälter wird, etwa von November bis April, sind sie in einer Innenvoliere bei Temperaturen um 10°C untergebracht.
Im Sommer 2002 zeigte mein Orangebauch-Blattvogelpaar keinerlei Anzeichen von Fortpflanzungsabsichten. Ich nahm an, dass sich die Chancen für eine Brut vielleicht verbessern würden, wenn ich die Vögel alleine halten würde und entfernte im Herbst alle Mitbewohner aus der Voliere. Das Paar hatte nun eine beheizte Innenvoliere von 5 m² und eine dicht bewachsene Außenvoliere von 8 m2 bei durchgängig 2 m Höhe zur Verfügung.
Bereits Anfang April 2003 bemerkte ich eine deutlich größere Aktivität der Vögel und eine Zunahme der Lautäußerungen, besonders des Weibchens. Der Verbrauch an Lebendfutter nahm zu, woraufhin ich auch die Futterpalette um Heimchen,
Grillen und Wachsmottenlarven erweiterte. Zeitweilig jagten sich die Vögel gegenseitig in beängstigender Weise durch die Voliere. Mehrmals sah ich das Weibchen in geduckter Haltung mit den Flügel schwirrend auf dem Ast sitzen, so, wie bei vielen Arten die Aufforderung zur Kopulation erfolgt. Diese konnte ich nur einmal am 28. April beobachten, zu einem Zeitpunkt, da der Nestbau bereits im Gange war. Das Weibchen hatte etwa am 25. April angefangen Nistmaterial herumzutragen, das ich in der Folge in großer Auswahl und Menge zur Verfügung stellte. In fast zweiwöchiger Anstrengung baute das Weibchen – ich sah keinerlei Beteiligung des Männchens – in einer Tuja in der Außenvoliere eine Hängematte mit einem kleinen lockeren Napfnest, das sich über den ganzen Sommer als überaus widerstandsfähig erwies. Den genauen Legebeginn konnte ich nicht beobachten, zumal ich jede Störung vermeiden wollte.
Am 14. Mai fand mein tastender Finger zwei Eier im Nest, am 15 Mai saß das Weibchen fest. Erst bei einer späteren Gelegenheit konnte ich Eier in Augenschein nehmen. Sie sind im Längsdurchmesser etwa 1,4 cm groß und fast kugelrund, weißlich mit einem Hauch Rosa und ganz schwach „Ton in Ton“ marmoriert.
Am 28. Mai konnte ich während der Futteraufnahme des Weibchens, das allein brütete, im Nest einen eben geschlüpften Jungvogel ertasten, am nächsten Tag waren es drei! Das Weibchen hatte also am 15. Mai ein drittes Ei gelegt und unmittelbar danach mit der Brut begonnen. Die Brutdauer beträgt hiernach 14 Tage. An den ersten drei Tagen sammelte ich große Mengen Wiesenplankton. Es wurde aber so gut wie nichts davon genommen. Buffalos wurden nur von den Altvögeln gefressen, nie zur Fütterung benutzt. Gelegentlich wurde das Nest mit frisch gehäuteten Baby-Mehlwürmern angeflogen, aber das konnte nicht reichen. Wachsmottenlarven gab ich nur in kleinen Mengen wegen der Gefahr von Darmverschlüssen, die durch deren unverdauliche Spinnfäden entstehen können. Als Hauptnahrung der ersten Tage erwiesen sich schließlich Puppen des Mehlkäfers, ganz frisch, möglichst in den ersten Stunden ihrer Umbildung aus einem Wurm, wenn sie noch weich sind und noch wackeln. Davon hat man aber auf Dauer nicht genug, und so verfiel ich auf verschiedene Schaben, die ich von Zfrd, Heisler, Großrudestedt, bekommen konnte, der sie selber zieht. Leider nahm das Vergnügen ein jehes Ende. Am Morgen des fünften Tages war das Nest leer. Ich habe nie klären können, was mit den Jungen passiert ist.
Aber schon eine Woche nach diesem Ereignis flog das Weibchen wieder mit Nistmaterial herum, allerdings besserte sie damit nur das alte Nest aus. Am 10. Tage nach Verlust der ersten Brut lag das erste Ei wieder im Nest. Es wurde wieder ein Dreiergelege, wieder sorgfältig und zuverlässig gebrütet. Alles verlief wie beim ersten Male, nur erlebte ich diesmal in der zweiten Hälfte der Nestlingszeit was drei heranwachsende Blattvögel verschlingen können. Von den genannten Schaben, die in allen Größen – wenige Millimeter bis 3 cm – vorrätig waren, verzehrten sie etwa 1000 Stück pro Woche, von allen anderen lebenden Futtertieren zusammen noch einmal die gleiche Menge. Aber es hat sich gelohnt. Nach 12 Tagen ging der erste Jungvogel vom Nest, am nächsten Tag die beiden anderen. Sie sind am Anfang sehr unbeholfen und sitzen in Bodennähe in kleinen Stauden, dann aber jeden Tag etwas höher. Nach einer Woche gehört ihnen die oberste Etage der Voliere und dann erst haben sie es wirklich geschafft.
Die Jungen sehen glatt grün aus, sind aber vom Weibchen durch einen leichten Anflug von Türkis in den Flügeldecken gut zu unterscheiden. Sie werden fast drei Wochen noch vollständig gefüttert, ausschließlich mit tierischer Nahrung, mit der sie dann auch die ersten Versuche der Selbstversorgung unternehmen. Die Aufnahme von Nektar und Früchten habe ich erst nach etwa acht Wochen erstmals beobachtet. Zu diesem Zeitpunkt beginnt bereits die Mauser ins zweite Gefieder, die fast unsichtbar verläuft, lediglich beim Männchen durch die geschlechtsspezifische Zeichnung des Erwachsenengefieders einigermaßen zuverlässig zu beobachten ist. Mit dem Sichtbarwerden der männlichen Gefiederzeichnung bei einem Jungvogel musste ich Jung und Alt trennen, da zwei Männchen sich offenbar nicht vertragen. Zu einem späteren Zeitpunkt ist das mit zwei Weibchen ebenso.
Das Weibchen hat übrigens noch ein drittes Gelege gezeitigt, wieder im selben Nest, hat die Brut aber dann abgebrochen.
Literatur:
(1) Dr. W. GRUMMT, persönliche Mitteilung (2) W. BAARS: Fruchtfresser und Blütenbesucher, Verlag Eugen Dimer Stuttgart (198,6) (3) W. STEINIGEWEG: Weichfresser, Verlag Gräfe und Dnzer München (1987)