22 Mrz, 2020

Mandarinstar

Mandarinstar (Sturnia sinensis)

White-Shouldered Starling, Chinese Starling, Grey-backed Starling

Gmelin 1788

Foto: B. Simon; Mandarinstar-Männchen

Zur großen Ordnung der Sperlingsvögel (Passeriformes) gehört die Familie der Stare (Sturnidae), in der je nach Autor 33 Gattungen mit 123 Arten erfasst sind. Sie ist eine der am weitesten verbreiteten Vogelfamilien der Welt. Zur Gattung Sturnia, der der Mandarinstar angehört, zählen weitere drei Arten, der Pagodenstar (S. pagodarum), der Graukopfstar (S. melabarica) und der Andamanenstar (S. erywthropygia). Die aktuelle IOC World Birst List führt mit Sturnia blythii sogar eine fünfte Art.

Das Brutgebiet des Mandarinstares erstreckt sich in Südost-China bis hinauf nach Changsha und Fuzhou. Diese Population überwintert in Hainan, Taiwan und dem südlichen Indochina bis hin zur Malaiischen Halbinsel. In den Regionen um Hongkong und in Nord-Vietnam, ist der Mandarinstar ganzjährig anwesend.

Die Gesamtbestandszahlen wurden bisher nicht quantifiziert, der Bestand wird jedoch als nicht gefährdet und stabil eingestuft.

Lebensräume der Mandarinstare sind offene Landschaften, Savannen und Siedlungen, in denen sie sich größtenteils auf Bäumen und in Gebüschen aufhalten. Hier suchen sie nach Früchten und Insekten. Selten sieht man sie sich am Boden aufhaltend.

Mandarinstare brüten oft in großen Kolonien, auch manchmal mit anderen Arten, in Höhlungen in Bäumen und Felsen und auch oft in Gebäuden. Das Nest ist eine große Ansammlung verschiedener Pflanzenteile. Das Gelege besteht aus bis zu 4 Eiern, die blau-grün gefärbt sind, ohne sonstige Musterungen oder Flecken.

Erscheinung

Mit 17-18 cm ist der Mandarinstar kein großer Vertreter der Starenfamilie. Im Allgemeinen wirkt er ein recht hellgrau, sein Aussehen kann aber sehr variabel sein; kaum ein Vogel gleicht dem anderen. Sehr oft sehen Männchen ähnlich aus, wie die Fotos zeigen, weshalb ich mich bei der Gefiederbeschreibung zurückhalten möchte. Viele Individuen zeigen zusätzlich ockerbraune Gefiederbereiche. Auffallend ist in jedem Fall aber der dominierende große weiße Schulterfleck. Er ist auch der Grund für den Artnamen im englischen Sprachraum „White-shouldered Starling“. Anders als bei seinen Gattungsverwandten ist der Schnabel beim Mandarinstar schiefergrau.

Die Weibchen sind ähnlich, durchweg aber düsterer befiedert.

Foto: H. Hoffmann; ein Weibchen

Wie bereits erwähnt, ist die Färbung der Mandarinstare, ganz besonders der Männchen, sehr variabel. Ich besaß ein Männchen, bei dem der graue Gefiederanteil lediglich auf dem Rücken vorhanden war, ansonsten war es ein weißer Vogel mit schwarzen Flügeln und schwarzem Schwanz. Gegenteiliges wurde mir über ein anderes Männchen erzählt, demzufolge dieses bis auf die weiße Schulter als grauer Vogel erschien – mit schwarzem Schwanz und Flügeln. Auf vielen Abbildungen sind Mandarinstare mit einem starken ockerfarbenen Gefiederanteil zu sehen, was man an hiesigen Volierenvögeln kaum findet.

Foto: B. Simon; Männchen, Rückenansicht

Eines meiner Weibchen ist einem zweiten Männchen, das der obenstehenden Beschreibung entspricht, zum Verwechseln ähnlich.

Die Gefiederfarbe des Weibchens weicht in der Regel von der des Männchens ab. Partien, die bei ihm weiß sind, sind beim Weibchen grau. Die weißen Schulterfedern können weniger oder häufig intensiver als beim Männchen ausgeprägt sein. Eines meiner Weibchen hat einen allgemein höheren weißen Farbanteil, jedoch einen eher schmalen weißen Schulterfleck. Mein anderes Weibchen ist grau mit großflächigem weißem Schulterfleck. Das Gefieder adulter Tiere ist bei beiden Geschlechtern so fein und glatt, dass es wie gemalt wirkt.

Bei der großen Variabilität im Aussehen der einzelnen Individuen habe ich mir die Frage gestellt, ob es beim Mandarinstar Unterarten gibt. Um vollkommen sicher zu liegen, gab ich diese Frage an Zoo-Fachleute weiter und erhielt einhellig die Antwort, dass dem nicht so sei. So antwortete z.B. Simon Bruslund: „Es gibt vom Mandarinstar keine Unterarten, sie weisen allerdings viele Unterschiede je nach Jahreszeit und zwischen frischem und genutztem Gefieder auf.“

 

Foto: B. Simon; zwei Weibchen in der Mauser

Das „Plaudern“ des Mandarinstare ähnelt sehr dem unseres Stares (Sturnus vulgaris). Sie singen auch kurze, melodiöse Strophen und tragen diese in einer angenehmen Lautstärke, aber nicht allzu häufig, vor. Der Warnruf ist auch bei Ihnen, wie bei vielen Starenarten, ein hartes, lautes „Kaar“.

Haltung

Geleitet von der mir gefallenden schlichten Erscheinung, den relativ zurückhaltenden, ruhigen Verhaltensweisen dieser Starenart und vor allem der Aussage, eine Gruppenhaltung dieser Art sei zu empfehlen, nahm ich diese Stare in meinen Bestand. In einer Außenvoliere von 3,1m x 3,6m x 2,5m – also knapp 11m² Grundfläche – und einem angeschlossenen Innenraum von 2,0m x 1,5m x 2,2m (2,8m² Grundfläche), halte ich nunmehr ein Paar Sonnenvögel (Leiothrix lutea) und 1,2 Mandarinstare, mit derzeit drei Jungtieren. Von ausreichendem Platz in unseren Volieren zu sprechen ist immer fragwürdig. Die Mandarinstare mache allerdings auf mich, als subjektiven Betrachter, den Eindruck „es ist gut so“. Die Stare nutzen fast nur die obere Hälfte der Gehege. Am Boden sieht man sie nie gemeinsam, sondern nur äußerst selten mal ein Tier.

Der Innenraum ist jederzeit für die Tiere erreichbar. In den Wintermonaten halten sich die Stare deutlich häufiger hier auf als die Sonnenvögel. Der Raum ist an die Zentalheizung des Wohnhauses angeschlossen und hat permanent 20 °C Raumtemperatur. Hier erfolgt die Fütterung in einer Höhe von einem Meter.

Die Außenvoliere ist bepflanzt mit je einer Fichte, Hainbuche und Hemlocktanne, die alle trotz regelmäßigem Schnitt bis unter die Volierendecke reichen, aber nicht blickdicht sind. Einige niedrige Gewächse am Boden haben kaum die Chance groß zu werden, genausowenig wie eine Verkautung möglich ist. Der Schattenwurf umstehender Linden sorgt für eine maximal vierstündige, direkte und komplette Sonneneinstrahlung im Sommer.

Gefütterter werden die Tiere mit einer Mischung aus den Fertigfuttern Honig-Alleinfutter Typ III (braun) von Claus und Uni Pattee Premium mit Spirulina von VerseleLaga und den Früchtepellets T16 von VerseleLagen. Letztere werden deutlich lieber gefressen als die Futtermischung. Apfel, Birne, Kaki oder Banane werden halbiert aufgespießt angeboten. Beeren aus unseren Breiten reiche ich lediglich während der hiesigen Saison. An tierischen Komponenten gebe ich Pinkies, die immer vorrangig gefressen werden, und lebende Mehlwürmer.

Trinkwasser wird nicht separat zur Verfügung gestellt. Eine große Schale mit Badewasser steht auf dem Boden des Innenraumes und wird mehrmals am Tag gereinigt und neu gefüllt.

Mandarinstare sind, im Verhältnis zu anderen Starenarten, auffallend „unsaubere“ Tiere. Viele Arten haben die Angewohnheit die Kotballen, die sie ihren Jungtieren im Nest abnehmen, direkt auf dem Futtertisch oder in der Wasserschale zu deponieren. Zumindest meine Mandarinstare koten selbst täglich dort. Die tägliche Reinigung der Schalen und des Futtertisches ist also dringend nötig. Ihr Umgang mit dem Futter ähnelt dem von Körnerfressern, es wird viel rundum verteilt, bevor sie schlussendlich doch fast alles auffressen. Futter, das sie im Flug verloren haben, eilen sie nicht nach.

Vermehrung

Meinen Mandarinstaren stehen zwei Nisthöhlen, je eine im Außen- und Innenbereich, zur Verfügung. Auch diese Stare bevorzugen eher engere als großzügige Nisthöhlen. Die Höhlen in den angebotenen Baumstammstücken haben einen Durchmesser von 16cm und sind 25cm hoch. Die Einschlupflöchen messen 5cm, könnten aber durchaus etwas enger sein. Zu Brut wurde von den Tieren der Stamm im Innenraum gewählt.

Nachdem zu beobachten war, wie das Männchen ab Ende Mai die Weibchen trieb, verteilte ich in den Ecken des Innenraumes Heu, Sisalfasern, Kokosfasern und Schlangenhautfetzen – die von meinen sonstigen Staren immer hektisch gesammelt und ins Nest geschleppt werden. Welches Weibchen das bevorzugte Interesse des Männchens erhielt war mir nicht ersichtlich. Beide Weibchen sind auffallend unterschiedlich gefärbt, es hätte mir also auffallen müssen. Der Gesang des Männchens war deutlich häufiger zu hören. An Nistmaterial verschwanden viele Kokosfasern und im Verhältnis dazu weniger Heu. Sisal wurde nicht verbraucht, ebenso wie die Schlangenhautfetzen.

Alle drei Tiere hielten sich ab Mitte Mai relativ häufig im Innenraum auf und saßen dort vor oder auf der Baumhöhle. Seit der letzten Maiwoche verließen sie fluchtartig den Raum, wenn ich ihn betrat, wobei immer ein Tier aus der Höhle kam. Nicht selten war dies auch das Männchen. Am 12. Juni hörte ich zum ersten Mal leises Piepsen aus der Nisthöhle. Diese Laute der Jungen nahmen in den Folgetagen zu, blieben aber ab dem 23. Juni völlig aus. Alle drei Tiere flogen, nach meiner Futtergabe, die Höhle ohne Umwege direkt mit Futtertieren an.

Foto: B. Simon; Jungvogel, der soeben das Nest verließ

Auf der Internetseite www.vogelliebhaber-bocholt.de schreibt Herr Rolf Kamperschroer über seine Mandarinstar-Beobachtungen unteranderem Folgendes: „… Hauptsächlich werden die Eier vom Weibchen bebrütet. Nach vierzehn Tagen schlüpfen in der Regel die Jungen, die von den Eltern sehr gehudert werden. … Für die etwa 200 Nestanflüge der Alttiere wird eine enorme Menge an Futter gebraucht. Nach fast drei Wochen sind erstmals die hungrigen Schnäbel der Jungtiere an der Nistkastenöffnung zu sehen. Eine weitere Woche vergeht meist, bis die Jungen ausfliegen …“

Da ich selbst keine Nestkontrollen mehr durchführe, kann ich also keine anderen Angaben über die Brut-, bzw. Nestlingszeit machen. Aus der Artbeschreibung des Mandarinstares im Buch „Starlings and Mynas“ (siehe Literaturangabe) gibt es keine Aussagen zu diesen Zeiten. Herr Kamperschroer Angaben sind ganz sicher zutreffend, zumal sie mit Aussagen zum Brutverhalten vom Pagodenstar, dem nahen Verwandten, fast identisch sind.

Am 01. Juli verließen binnen kürzester Zeit drei Jungtiere das Nest, die erstaunlicherweise innerhalb von wenigen Stunden im oberen Bereich umherflogen und zielsicher auf den Sitzzweigen landeten. Noch am selben Tag verließen sie den Innenraum. Dies ist nun fünf Tage her und die Tiere bewegen sich genauso flink und gewandt in beiden Gehegen wie die adulten Tiere. Die verbindende Einflugluke ist 15 cm breit und 23cm hoch – sie wird selten durchlaufen, sondern eher durchflogen.

Die Jungen sind einheitlich grau gefärbt, wobei die Flügel und der Schwanz deutlich dunkler sind. Weiße und schwarze Abzeichnungen haben sie noch keine. Auffallend sind die Augen mit der noch blauen Iris.

Bei der Betrachtung des verlassenen Nestes war zu sehen, dass mit grobem Heu der Aufbau begann. Der wesentliche Bestandteil waren die Kokosfasern. Feine Gräser fand ich keine. Mit inzwischen vertrockneten Blattfetzen von der Hainbuche war die Nestmulde ausgekleidet.

Foto: B. Simon; Jungvogel, 2 Monate alt

Fazit

Da das zweite Weibchen im gesamten Brutgeschehen scheinbar eingebunden war, denke ich über den Verbleib aller Mandarinstare bei mir nach, um auch mit ihnen die Gruppenhaltung (zumindest im Familienverband) zu ermöglichen – was natürlich wiedermal zu Überlegungen über eine Vergrößerung der Voliere führt.

Der Schauwert dieser Starenart scheint nicht so groß zu sein, dass sich zoologischen Einrichtungen um dessen Haltung bemühen. Lediglich ein deutscher Zoo führt ihn, laut www.zootierliste.de , noch im Bestand. Auch bei den privaten Haltern sind die Bestandszahlen überschaubar. Dies ist recht unverständlich, da es (aus meiner Sicht) Vögel sind, die das gleiche bzw. ein sehr ähnliches Repertoire an Lauten und Verhalten wie andere Stare zeigen. Sie sind absolut friedlich gegenüber Mitbewohnern und ihre wohlklingenden, relativ leisen Lautäußerungen haben einen entscheidenden Vorteil für Starenfreunde – eigentlich dürfe sich kein Nachbar über den „Lärm“ von diesen Vögeln erregen.

Autor: Bernd Simon              Juli 2019

Verwendete Literatur:

Feare, C., & Craig, A. (1998): Starlings and Mynas. Chr. Helm, London

www.iucnredlist.org (verwendet am 05. Juli 2019)

www.vogelliebhaber-bocholt.de  Ex-Mandarin Star (Herr Rolf Kamperschroer)

Erschienen in der Zeitschrift „Gefiederte Welt“ 11/2019 Seiten 8 – 11

Beitragsfotos: Heinz Hoffmann; Mandarinstar-Männchen