28 Jul, 2017

Limikolen allgemein

Limikolen

in den Volieren privater Züchter

Säbelschnäbler (Foto: D. Sternberg)

 

Es soll über eine Vogelgruppe berichten werden, die immer häufiger in den Volieren privater Vogelhalter Einzug findet: die Limikolen – oder Watvögel.

In der Systematik werden in der Ordnung Wat-, Möwen- und Alkenvögel (Charadriiformes) drei Unterordnungen genannt. Eine davon ist die Unterordnung Regenpfeiferartige, Limikolen oder Watvögel (Charadrii). Hier werden 13 Familien, 57 Gattungen, 216 Arten geführt.
Dazu zählen unter anderem die Regenpfeifer und Kiebitze, Stelzenläufer, Säbelschnäbler, Triele, Schnepfenvögel, Strand- und Kampfläufer, aber auch Blatthühnchen.

Bronzekiebitz (Foto: Th. Ratjen)

In privater Haltung
Bei den privaten Haltern und Züchtern werden überwiegend verschiedene Arten von Regenpfeifern und Kiebitzen, Stelzenläufern und Säbelschnäblern, seltener Triele, Schnepfen und Blatthühnchen gepflegt.

In unserem Verein werden momentan neun Arten gehalten, davon vier Arten Kiebitze, zwei Arten Regenpfeifer und je eine Art Säbelschnäbler, Stelzenläufer und Austernfischer.

Alle Arten haben eines gemeinsam, sie sind mehr oder weniger an flache Wasserstellen gebunden.

Maskenkiebitz (Foto: B. Simon)

Haltung
Bei der Haltung muss man natürlich auf die jeweiligen Bedürfnisse der einzelnen Arten eingehen.
Wie schon erwähnt, ist immer ein entsprechendes Wasserbecken von 5 bis 25 cm Tiefe erforderlich, das eine flach auslaufende Uferzone hat. Stets sollte es frisches, sauberes Wasser enthalten. Ideal wäre ein künstlicher Bachlauf, der das Wasser in Bewegung hält. Bei den Regenpfeifern gibt es tropische Kiebitze, deren Wasserstelle relativ klein ausfallen (ca. 1m²). Arten der Familie der Säbelschnäbler und Stelzenläufer benötigen dagegen größere Wasserstellen, da sie sich die meiste Zeit darin aufhalten. Einzig bei der Haltung von Blatthühnchen muss ein tieferer Teich vorhanden sein, da dieser Seerosen beherbergen muss, auf deren Blätter die Tiere leben und auch ihr Nest bauen.
Es sollte eine nasse Fläche an das Wasserbecken anschließen, die zum Stochern animiert. Sie kann aus normalem Boden, Fluss- oder Seesand, Torf oder Mulch sein. Diese Fläche ist für die Gesunderhaltung der Füße und der Abnutzung des Schnabels wichtig. Die restliche Fläche kann aus kurzem Rasen, kahlem Boden oder Sandflächen bestehen. Wichtig ist es, darauf zu achten, dass verwendeter Kies nicht zu scharfkantig ist, damit Fußverletzungen verhindert werden.
Eine dauerhafte Haltung auf Betonböden ist zu vermeiden, da dies den Füssen oder Gelenken der Tiere schadet. Es kann dann zur sogenannten Bumble Food Krankheit (Pododermatitis) führen, bei der die Fußballen, gelegentlich auch die Gelenke, anschwellen und wund werden. Die Tiere haben dann starke Probleme bei der Fortbewegung.
Weitere Gestaltungsmöglichkeiten sind solitär stehende Sträucher und Gräser, verschiedene Steine und Baumstümpfe.
Unabdingbar ist im Winter ein Zugang zu einer frostfreien Innenvoliere und einer eisfreien Wasserstelle. Tropische Arten sollten gänzlich warm überwintert werden.
Es sei darauf hingewiesen, dass einige Arten sehr ruffreudig sind, auch zu den Dämmerungszeiten und gelegentlich nachts, was eventuell zu Problemen mit den Nachbarn führen kann.

Vergesellschaftung
Eine Vergesellschaftung von Limikolen mit anderen Vogelarten ist in der Regel völlig unproblematisch. Sie nehmen von weiteren Volierenbewohnern kaum Notiz bzw. ignorieren sie.
Untereinander sieht das anders aus. Die meisten Arten leben territorial, so dass man pro Gattung nur ein Paar halten kann, z.B. eine Kiebitzart mit einer Art Regenpfeifer und Säbelschnäblern.
Einzig die bei uns gehaltenen Säbelschnäbler sollten in Gruppen gehalten werden, da dieses zur Brutstimulanz beiträgt. Die Anzahl der Paare richtet sich nach der Gehegegröße, da gewährleistet sein muss, dass jedes Paar um sein Nest ein kleines Revier haben kann, ohne mit den anderen Paaren zu stark konkurrieren zu müssen.

Die Blatthühnchen sind wieder eine Ausnahme. Bei ihnen muss man optimalerweise ein Weibchen mit mehreren Männchen halten, an die sie dann ihre Eier aufteilt. Hierbei ist darauf zu achten, dass jedes Männchen seine eigene Wasserfläche hat.

Säbelschnäbler (Foto: B. Simon)

Futter
Alle Limikolen ernähren sich in der freien Natur von allerlei Insekten, Kerbtieren, Mollusken, teils auch kleinen Fischen und anderen Kleinstlebewesen. In geringen Mengen werden auch pflanzliche Teile gefressen.
In den Volieren können wir den Tieren heutzutage ein vielfältiges Angebot an Fertigmischungen anbieten. Zu nennen sind hier Insekt-Patee und Uni-Patee von Orlux, Lundipellets in verschiedenen Größen von der Firma Lundi und das Limikolenfutter der Firma Claus. Man kann diese Fertigmischungen auch beliebig aufpeppen wie z.B. durch Zugabe von getrockneten Garnelen oder Wasserflöhen. Viele Züchter haben ihre eigenen Rezepte.
Je nachdem, wie es die Tiere gewöhnt sind, sollten die Futterstellen an oder im Wasser stehen. Bei einigen Arten ist die Futterstelle in Wassernähe unnötig.
Je nach Größe der Tiere kann man auch alle möglichen Formen von lebenden oder gefrosteten Insekten anbieten, wobei die lebenden Insekten immer bevorzugt aufgenommen werden. Einige Arten fressen auch Kleinstfische wie Stinte.

Zucht
Vorausgesetzt, man hält ein harmonierendes Paar in entsprechender Unterbringung und bei vernünftiger Fütterung, ist die Vermehrung relativ simpel. Die meisten Arten sind mit zwei bis drei Jahren geschlechtsreif.
Die Balz besteht bei den meisten Arten aus einer Art Umschreiten und Duettrufen. Die Nester sind zumeist flache Mulden im Kies oder Gras, die nur mit wenigen Pflanzenstückchen oder Steinchen ausgelegt werden.
Alle Limikolen verteidigen ihren Nestbereich vehement gegen andere Vögel, aber auch gegen den Pfleger. Dieses geschieht durch lautes Rufen, Drohen mit geöffneten Flügeln, Scheinangriffen oder auch richtigen Angriffen, was besonders bei Kiebitzen unangenehm sein kann, da sie mit den Flügeln zuschlagen und sie an jedem Flügelbug einen Sporn besitzen.

Kiebitz (Foto: Th. Ratjen)

Die Gelege bestehen in der Regel aus 2 – 5 Eiern. Die Brutzeit kann je nach Art bis zu 30 Tage lang dauern. Alle Arten sind Nestflüchter. Die Jungen werden in der Regel bis zur nächsten Brut oder auch bis zur nächsten Brutsaison von den Elterntieren geführt.
In den ersten Tagen sind die Jungvögel sehr empfindlich gegen nasskaltes Wetter, wodurch es oft, vor allem bei in der Aufzucht durch unerfahrene Paare, zu Verlusten kommt. So lange die Jungen klein sind werden sie energisch durch die Alten geschützt, wie bei der Nestverteidigung. Bei einigen Arten legen sich bei Bedrohung die Jungtiere flach auf den Boden und simulieren ihren Tod und laufen erst weiter, wenn die Alttiere Entwarnung geben. Wenn diese Maßnahme nicht funktioniert, bedienen einige Arten sich eines anderen Tricks, dem so genannten Verleiten. Hierbei simulieren die Altvögel eine Fuß- oder Flügelverletzung und locken vermeintliche Feinde von den Jungen weg, um sich dann im letzten Moment selbst zu retten.

Geschlechtsunterschiede lassen sich eigentlich kaum ausmachen, bei einigen Arten vielleicht durch unterschiedliche Körpergrößen. Sicher ist man daher immer mit einer Geschlechtsbestimmung anhand eines DNA-Testes an einer Federprobe.

Sandregenpfeifer (Foto: B. Simon)

Meldepflicht
In der Rege, sind bei uns gehaltenen, tropischen Limikolenarten nicht meldepflichtig. Zur Sicherheit sollte aber stets ein Blick in die Artenschutzliste geworfen werden.
Anders verhält es sich bekanntlich bei den europäischen Arten, die alle mit Artenschutzringen in vorgeschriebener Größe zu kennzeichnen sind und bei den zuständigen Behörden zur Registrierung gemeldet werden müssen. Dies gilt für die im Verein gehaltenen Austernfischer, Säbelschnäbler und Flußregenpfeifer.
Die Beringung sollte so erfolgen, dass der Ring nicht wie bei anderen Vögeln auf dem Fuß aufliegt, sondern über dem Kniegelenk sitzt.

Artenbezeichnung
Mehrere Arten haben mehrere deutsche Namen. Dies führt häufig zu Irritationen bei der Angabe eines Bestandes. Es ist daher sinnvoller, sich auf die wissenschaftlichen Bezeichnungen zu beziehen oder aber sich über den vorrangig üblichen Namen zu informieren. Hilfreich ist hierbei die Homepage www.hbw.com  . Auf ihr sind nicht nur die aktuell geltenden wissenschaftlichen Namen, sondern auch alle relevanten deutschen Bezeichnungen, auch der Regenpfeifervögel (Limikolen), zu finden.

Hier nun einige Vertreter dieser vorgestellten Vogelgruppe. (siehe auch „Artenliste“ dieser Homepage)

Ordnung: – Regenpfeifervögel (Watvögel) Charadriiformes

Austernfischer  Haematopodidae
Austernfischer Haematopus ostralegus

Stelzenläufer und Säbelschnäbler  Recurvirostridae
Säbelschnäbler Recurvirostra avosetta

Schwarznacken-Stelzenläufer (Amerikan. Stelzenläufer , Mexikan.-Stelzenläufer; Himantopus himatopus mexicanus – wird oft als eigenständige Art Himantopus mexicanus angesehen)

Regenpfeiferverwandte  Charadriidae
Flussregenpfeifer Charadrius dubius
Hirtenregenpfeifer Charadrius pecuarius

Maskenkiebitz (Soldatenkiebitz, Austral.Lappenkiebitz) Vanellus miles
Schmiedekiebitz (Waffenkiebitz) Vanellus armatus
Bronzekiebitz (Bronzeflügelkiebitz, Cayenne-Kiebitz) Vanellus chilensis
Kronenkiebitz Vanellus coronatus
Spornkiebitz Vanellus spinosus (syn.: Hoplopterus spinosus)

Text: Danny Sternberg (Oktober 2016)

Titelfoto: N. Theisges (Kronenkiebitze)