16 Sep, 2020

Haubenlerche

Galerida cristata (Linnè 1758)

Autor und Bilder: Thomas Ratjen, Sievershütten

Erschienen im „Vogelfreund“ Hanke Verlag 07/2020

Nur noch selten ist die interessante Haubenlerche in den Volieren der Waldvogelzüchter anzutreffen. Für mich unverständlich, machen ihre liebenswerte Art, die relativ leichte Züchtbarkeit und der Gesang ihre etwas unscheinbare Erscheinung doch mehr als wett.

Systematik:

Ordnung: Passeriformes – Sperlingsvögel

Unter Ordnungen: Passeres – Singvögel

Familie: Alaudidae – Lerchen

Gattung: Galerida

Unterarten: Galerida cristata randoni; Galerida cristata macrorhyncha; Galerida cristata arenicola; Galerida cristata nigricans; Galerida cristata maculata; Galerida cristata altirostris; Galerida cristata somalensis; Galerida cristata senegallensis; Galerida cristata alexanderi; Galerida cristata isabellina; Galerida cristata pallida; Galerida cristata meridionalis; Galerida cristata caucasica; Galerida cristata zion; Galerida cristata magna; Galerida cristata chendoola; Galerida cristata leautungensis; Galerida cristata corrensis; Galerida cristata neumanni; Galerida cristata apuliae; Galerida cristata cypriaca; Galerida cristata tenuirostris; Galerida cristata kleinschmidti; Galerida cristata riggenbachi; Galerida cristata carthaginis; Galerida cristata festae; Galerida cristata brachyura; Galerida cristata helenae; Galerida cristata jordansi; Galerida cristata halfae; Galerida cristata balsaci; Galerida cristata cinnamomina; Galerida cristata subtaurica; Galerida cristata lynesi;

Verbreitung:

Die Haubenlerche brütet fast auf der gesamten südlichen Hälfte des paläarktischen Faunengebietes, weiterhin in Afrika zwischen dem 10. Und 20. Breitengrad. Im Nordosten des Brutareals ist die Haubenlerche ein Zugvogel, ansonsten ein Standvogel.

Typische Brutplätze sind ebene und offene Flächen mit keinem, lückigem oder sehr niedrigem Bewuchs, die Art des Bodens ist sekundär. In Frage kommen trockene sandige, kiesige und nährstoffarme Flächen oder solche, die durch Eingriffe geeignete Vegetationsstruktur aufweisen, also Brach- und Ödflächen, noch nicht erschlossene oder verwaiste Industrie-, Verkehrs- und Neubauflächen, kurzgehaltene Rasen, aber auch größere Gebäude mit kiesbedeckten Flachdächern. Solche Biotope sind meistens nicht groß, haben keine lange Lebensdauer und sind außerhalb von Städten oder großflächigen Baumaßnahmen kaum mehr in der erforderlichen Größe für den Aufbau einer kleinen Lokalpopulation vorhanden.

Der Bestand der Haubenlerche ist seit etwa 1930 im Großen und Ganzen stark rückläufig. Zwar haben die Schuttflächen des Bombenkrieges und die verbreitete Kleintierhaltung der Kriegs- und Nachkriegsjahre den Brutbestand vieler deutscher Städte vorübergehend ansteigen lassen, großräumig reichten aber nicht einmal die günstigen Sommer der ersten beiden Nachkriegsjahrzehnte aus, um die bestandsdrückenden Einflüsse anderer Faktoren wie Intensivierung und Technisierung der Landwirtschaft, Verschwinden der Pferde aus dem Verkehr, versiegeln von immer mehr geeigneten Flächen und den gesteigerten Einsatz von Kunstdünger und Pflanzenschutzmitteln zu kompensieren. Heute gilt die Art als vom Aussterben bedroht. Noch gut kann ich mich an die mahnenden Worte meines Lehrers erinnern, wenn er mich einmal mehr daran erinnerte wieder am Unterricht teilzunehmen, wo ich doch lieber aus dem Fenster schaute um den Bachstelzen und Haubenlerchen auf dem Schulhof bei ihrem Treiben zuzuschauen. Lange ist es her, Haubenlerchen habe ich schon viele Jahre nicht mehr bei uns gesehen, umso mehr Freude machen sie mir in der Voliere.

Beschreibung:

Die Haubenlerche wird etwa 18 cm groß und ca. 45 g schwer. Die spitze Haube ist in Mitteleuropa das sicherste Merkmal um die Art von Feld- und Heidelerche zu unterscheiden. Außerdem ist sie matter im Gefieder, kurzschwänziger und breitflügeliger als die Feldlerche und wirkt dadurch gedrungener. In Südeuropa und Afrika ist sie von der Theklalerche in der Natur nur schwer zu unterscheiden.

Das Männchen ist etwas größer und voluminöser als das Weibchen, der Gang aufrechter, „stolzer“, der Schnabel länger. Diese Merkmale lassen sich aber oft schwierig zur Geschlechtsbestimmung heranziehen, daher sollte immer ein DNA Test gemacht werden um sicher zu gehen.

Die Haubenlerche gilt als sehr stimmbegabt, bekannt ist das große Nachahmungstalent. Besonders zur Geltung kommt diese Spottbegabung bei gekäfigten Haubenlerchen, manche Individuen übertreffen darin sogar die berühmte Kalanderlerche oder lernen menschliche Melodien fehlerfrei nachzupfeifen und angeblich sogar die menschliche Sprechstimme nachzuahmen. Diese Haltungsform sollte heute aber der Vergangenheit angehören und die Vögel lediglich noch zu Fortpflanzungszwecken gehalten werden. Der leise Gesang und Balzgesang werden, auch in der Voliere, meist am Boden vorgetragen. Auf Ästen, von erhöhter Warte, ein lauterer Gesang, in den auch Imitationen eingebaut werden.  Bei guter Witterung ist der Gesang bereits im Januar in der Voliere zu vernehmen.

Nahrung:

Die Haubenlerche ernährt sich in der Natur von Sämereien, grünen Blatteilen und Käfern, Heuschrecken, Spinnen, Larven, Ameisen, Wanzen, Schnecken und Würmern. Die Insektennahrung im Jahresdurchschnitt liegt dabei meist unter 30%.

In der Voliere reiche ich ein Gemisch aus Exoten- und Waldvogelfutterfutter, Getreide (Hafer) und Wildsämereien. Je nach Jahreszeit auch bekannte halbreife Wildsämereien wie z. B. Knöterich, Gräser, Vogelmiere, Wegerich, Storchschnabel. Von diesen werden natürlich auch die Insekten abgelesen und grüne Pflanzenteile verzehrt. Auch ein Keimfutter für Kanarienvögel wird gern genommen. An Lebendfutter gebe ich zur Aufzucht Mehlkäferlarven (lebend und gut ernährt), Pinkies und Buffalos (gefroren) in flachen Wasserschalen. Außerhalb der Brutzeit werden nur wenige Mehlkäferlarven gereicht. Da die Haubenlerchen bei mir vergesellschaftet sind steht immer ein größeres Badegefäß zur Verfügung, von diesem machen sie aber keinen Gebrauch, es werden aber ausgiebige Sand- und Sonnenbäder genommen, die Mulden im Boden findet man überall in der Voliere.  Die Nahrung wird mit trippelnden Schritten am Boden gesucht, daher biete ich sie ihnen in der Voliere auch am Boden an.  

Unterbringung:

Die Haubenlerchen sind bei mir mit verschiedenen Arten vergesellschaftet, es gibt in der Regel keine Probleme, wenn man beachtet, dass diese Art immer zuletzt in die Voliere gesetzt werden sollte. Später im Frühjahr in die Voliere gesetzte Arten wurden bei mir meist attackiert, hier half es bei mir immer die Haubenlerchen für ein paar Tage aus der Voliere zu entfernen und dann zurückzusetzen.

Die Volierengrößen gehen von 6 bis 15m² und sie sind komplett mit durchsichtigen Trapezplatten überdacht, der hintere Teil ist an drei Seiten mit Rauspundbrettern gegen Witterungseinflüsse geschützt.  Der Boden ist recht spärlich mit einigen Grasbulten, Stauden und wenigen Büschen, wie z. B. Weide, Eibe, Holunder oder Liguster bepflanzt. Einige Steine und Stubben runden die Einrichtung ab. Natürlich befinden sich auch im oberen Bereich einige Sitzstangen und an den verkleideten Wänden Kiefernzweige, in denen Nistgelegenheiten für andere Arten versteckt werden.

Fortpflanzung:

Die Brutzeit in Europa reicht von April bis Juli, es werden 2, in der Voliere selten auch einmal 3 Bruten durchgeführt. Sehr interessant zu beobachten ist die Balz der männlichen Haubenlerche. Das Männchen führt mit aufgerichteter Haube, leicht vorgeschobenem Kopf, gesträubtem Gefieder, abgestellten Flügeln und gefächert hochgestelltem Schwanz vor dem Weibchen singend einen „Tanz“ auf. Das Weibchen verharrt in geduckter Haltung mit angelegter Haube oder läuft scheinbar desinteressiert umher. Das Männchen nähert sich unter dem leise schnalzend-zwitschernden Balzgesang und trippelt vor, neben oder um das Weibchen herum. Bei geringer Erregung lässt es die Flügel leicht hängen und richtet den nicht oder kaum gefächerten Schwanz auf. Bei größerer Intensität lässt es die etwas abgespreizten Flügel stärker hängen und vibrieren, der Schwanz wird gespreizt und gestelzt und so dem Weibchen die auffällige, weiß leuchtende Kloakengegend präsentiert. In dieser Stellung kann das Männchen vor dem Weibchen verharren oder es in kurzen Trippelschritten umtänzeln. Auf die Paarungsaufforderung des Weibchens (es duckt sich mit aufgerichtetem Schnabel, angelegter Haube und leicht gefächertem Schwanz und vibriert heftig mit den leicht ausgebreiteten Flügeln) geht das Männchen zum Hüpfen über. Es hüpft mit steil aufgestellter Haube aber normal getragenem Schwanz flügelschlagend und laut singend in größeren Sprüngen (meist zwischen etwas erhöhten Punkten) umher und springt anschließend auf. Die Wahl des Brutplatzes erfolgt durch das Weibchen. In Deckung, meist gut versteckt unter einer Grasbulte wird vom Weibchen mit Schnabel und Füßen eine Mulde gescharrt, welche mit Halmen, Nadeln und auch mit Scharpie ausgepolstert wird. In der Natur wird das Nest meist durch eine Erdscholle, einen Stein oder eine Pflanze vor Regen, Sonne und Sicht geschützt auf ebener Erde, seltener (20–30% der Nester) an Böschungen, Mauern, Steinblöcken, auf Dachgärten und Flachdächern bisweilen in unmittelbarer Nähe von Gebäuden und in den schmalen Grünstreifen an oder zwischen stark frequentierten Fahrbahnen und Straßenbahngeleisen gebaut. Bevorzugt werden Standorte mit rasch sich erwärmendem Boden von geringer Wasserkapazität und niedriger, zu maximal 60% deckender Vegetation. Schwere Böden (z.B. lehmige Äcker) werden in Ermangelung geeigneterer Nistbiotope angenommen, wenn sie in der Nestbauperiode trocken, gut durchwärmt und durchschnittlich nicht über 20cm hoch bewachsen sind.  In täglichem Abstand wurden bei mir meist 4 Eier gelegt, die allein vom Weibchen ca. 12 Tage bebrütet werden. Das Weibchen wird auf dem Nest nicht gefüttert, daher muss es dieses häufig zur Nahrungsaufnahme verlassen.  Da dieses recht heimlich geschieht, und das Weibchen auch bei Annäherung an die Voliere sofort das Nest verlässt, kann es passieren, dass man die Brut erst bemerkt, wenn Nahrung im Schnabel herumgetragen wird. Das Männchen beteiligt sich meist erst ab dem 4. Tag an der Fütterung der Jungen. Eine Beringung mit Artenschutzringen (die Art ist kennzeichnungs-, melde- und nachweispflichtig) erfolgt am 5. Tag. Im ersten Jahr hatte ich leider nach der Beringung Verluste, die Jungen lagen verteilt in der Voliere und waren tot. Ein ca. 4cm hoher Pappring, mit selbstgebogenen „Heringen“ am Boden befestigt, schaffte hier Abhilfe, die Altvögel nahmen dies nie übel und die Jungen verblieben im Nest.  Im Alter von ca. 11 Tagen (bei Störungen schon früher) verlassen die Jungen das Nest und sind aufgrund ihrer Färbung meist schwer zu entdecken. Mit ca. 13 Tagen laufen sie schon recht flink umher, beginnen kurz darauf zu fliegen und werden ab einem Alter von ca. 20 Tagen nur noch selten gefüttert. Zu diesem Zeitpunkt hat das Weibchen meist schon die Folgebrut begonnen und die Jungen sollten aus der Voliere entfernt werden um nicht zu stören.