Guirakuckucke – Gruppenhaltung ist erforderlich
Guirakuckuck (Guira guira) Guira Cuckoo
Gmelin, 1788
In der Ordnung Kuckucksvögel (Cuculiformes) werden zwei sehr unterschiedliche Familien geführt, die Turakos (Musophagidae)und die Kuckucke (Cuculidae). Als wesentliche Gemeinsamkeit beider Familien wird die Stellung der Zehen, 2 Zehen nach vorne und 2 Zehen nach hinten, gewertet.
Porträt (im Heidelberger Zoo)
Guirakuckucke werden ca. 36 cm groß (der Schwanz ist bis zu 20 cm lang) und ähneln im Aussehen (siehe Fotos) dem wesentlich größeren Hoatzin. Ihr Flug wirkt immer hektisch und die Landungen ungeschickt. Sie klettern ausgesprochen gut und schnell und laufen zügig am Boden, wo sie an Baumstämmen oder zwischen Steinen nach Interessantem suchen.
Ihre Rufe sind laut und haben ein relativ großes Spektrum an Tönen. Dies umfasst u.a. eine Art Girren, das Schackern ähnlich dem der Elstern, das Schreien wie von Möwen oder auch ein ängstlich-wehleidig klingendes Klagen.
Beheimatet sind diese Kuckucke in Ost- und Südbrasilien, Ostbolivien und Ostparaguay, Nordostargentinien und Norduruguay. Dort leben sie in trockenen Busch- und Baumsavannen, Pampas, Weiden und Küstendünen. Mit der Abholzung der Wälder erweitern sich die Verbreitungsgebiete. Der Bestand ist nicht gefährdet, sondern nimmt zu.
Guirakuckucke sind keine obligaten Brutschmarotzer. Jedoch legen sie als fakultative Brutschmarotzer ihre Eier gelegentlich auch in fremde Nester, wie zum Beispiel von Schopfkarakara (Caracara plancus) oder Bronzekiebitzen (Vanellus chilensis).
Über das Leben und Verhalten der Guirakuckucke kann man in einem sehr ausführlichen Artikel unter https://de.wikipedia.org/wiki/Guirakuckuck nachlesen.
Sonnenbad oben (im Berliner Zoo)
Der Aussage folgend, dass sie in Gruppen bis zu fünfzehn Tieren leben und gemeinschaftlich brüten, halte ich auch meine Guirakuckucke in einer kleinen Gruppe. Vier Tiere im Geschlechterverhältnis 2,2 sind genug für meine Außenvolierengröße von 3,5m x 4,0m x 2,5m. Ausgestattet ist die Voliere mit je einem Holunderstrauch und einer Hainbuche, die regelmäßig einmal jährlich zurückgeschnitten werden, um den Vögeln die Klettermöglichkeiten darin zu erhalten. Waagerecht hängende und schräg stehende Äste gibt es zusätzlich. Der Boden ist naturbelassen, mit einigen Steinhaufen. Überdacht ist die Voliere nur etwa 1m an der Rück- bzw. Hauswand. Die angrenzende Hofbepflanzung mit Linden und Ahorn schützt vor Wind, lässt aber auch genügend Sonnenlicht für die notwendigen Sonnenbäder zu.
Ein angeschlossener, beheizbarer Innenraum von 2m x 2m kann von den Tieren jederzeit aufgesucht werden. Hierin erfolgt auch die Fütterung. Der Boden ist mit Buchenhäcksel (Räucherspäne „mittel“) bestreut. Beleuchtet wird hier mit LED-Leuchten und einer dämmerungssimulierenden Schaltung.
Die natürliche Nahrung der Guirakuckucke besteht aus Insekten wie Termiten, Spinnen, Schmetterlingsraupen oder Heuschrecken, sowie Amphibien, Eiern und Jungvögeln. Die Nahrung wird komplett geschluckt.
Meine Vögel bekommen als tierische Nahrung zerkleinerte Eintagsküken und Jungmäuse, einige kleine Stinte, Mehlkäferlarven, Pinkys und Zophobas. Vom Fertigfutter Fett-Alleinfutter Type III (braun) von Claus wird, trotz des reichlichen Angebotes an dem genannten tierischen Futter, täglich gefressen. Das pelletierte Wassergeflügelfutter Floating Allround von Versele Laga wurde mir empfohlen, wird auch gefressen, jedoch mit wechselndem Interesse. Geschnittenes Obst oder Gemüse werden komplett verschmäht.
Wasser steht zwar immer zur Verfügung, trinken habe ich die Tiere jedoch noch nicht gesehen. Auch baden sah ich sie noch nie. Auf ihren Wanderungen auf dem Boden umgehen sie nicht die Wasserschale, sondern marschieren einfach durch. Das passiert unabhängig davon, ob die an der Wand oder mitten im Raum steht. Bewegungen, wie sie badende Vögel tun, machen sie in der Schale jedoch nicht. Recht gerne sitzen sie im Regen.
Sonnenbad unter (im Berliner Zoo)
Zum Verhalten der Guirakuckucke wurde bereits gesagt, dass sie sehr soziale Tiere sind. Eine Gruppenhaltung ist also unbedingt erforderlich. Viele zoologische Einrichtungen halten diese Kuckucke wegen dem damit verbundenen relativ hohen Schauwert. Ihr scheinbar prinzipiell gemeinschaftliches Handeln lädt einfach zum Verweilen und Beobachten vor den Gehegen ein. Ein Grund dafür, warum ich mir diese Vogelart zulegte.
Allerdings sind meine Tiere recht scheu. Ein Fotografieren ist nicht möglich, da sie ziemlich schnell in der Innenvoliere verschwinden, wenn man erscheint. Daher habe ich hier Bilder gewählt, die ich im Heidelberger und Berliner Zoo aufnahm.
Drei meiner vier Tiere kamen aus Zoos und waren eigentlich schon Publikumsverkehr gewöhnt. Ob ihre jetzige Distanzsuche an der Lage ihrer Behausung liegt, wo sie kaum gestört werden, weiß ich nicht. Beobachtungen gelingen aber trotzdem, wenn auch aus etwas Entfernung.
Die Guirakuckucke hocken, so oft es geht, dicht bei einander. Selten sitzt ein Tier länger allein. Bei Sitzplatzwechsel wird über den oder die Nachbarn rübergestiegen, was diese jedoch nicht zu abwehrendem Verhalten bewegt. Eher erfolgt eine Kettenreaktion, nach der keiner mehr an seinem vorherigen Platz sitzt. Auch der Ortswechsel eines Tieres beim Sonnenbaden, zieht das Folgen anderer Tiere nach sich. Beginnt ein Tier sein Gefieder zu säubern, veranlasst das häufig einen Nachbar, (oder beide – links und rechts), dabei zu helfen. Ein langes ruhiges Verharren gibt es kaum. Immer verfallen sie in kurzweilige Aktivitäten. (Tipp: YouTube „Funny Birds – Berliner Zoo“).
Die Bewegungen dieser Kuckucke sehen schon etwas anders aus, als wir sie z. Bsp. von ihren entfernten Verwandten, den Turakos, kennen. Sie laufen und klettern genauso schnell in den Ästen wie die Turakos, aber immer geduckt und weit nach vorne gestreckt. Sie hocken fast liegend auf den Sitzstangen. Sehr selten stehen sie aufrecht, sondern immer auffallend vorgebeugt. Daraus folgt, dass alle Vorwärtsbewegungen aus dieser Haltung aussehen, als wären sie hektisch auf der Flucht. Ohnehin werden alle Bewegungen schnell durchgeführt. Man sieht sie nicht, wie Stare oder Drosseln, längere Zeit ruhig am Boden „schlendern“, sondern immer nach ganz kurzen Pausen in den zügigen Laufschritt verfallen. Hierbei ähneln sie sehr dem Rennkuckuck (Geococcyx californianus).
Wirklich richtig ruhig verhalten sie sich beim ausdauernden Sonnenbaden. Hierbei wenden sie meistens der Rücken der Sonne zu und sträuben dabei das Gefieder, um die Haut wärmen zu lassen.
Auch dem Nest wenden sie sich deutlich ruhiger zu, sei es beim Nestbau oder bei bereits bestehendem Gelege.
Meine Guirakuckucke haben in diesem Jahr ein Jungtier großgezogen. Die beiden Weibchen sind nun, Ende Juni, knapp ein Jahr alt. Ebenso ein Männchen, das zweite Männchen ist sechs Jahre alt.
Nachdem die Tiere die Nisthilfen, je eine in der Innen- und Außenvoliere, nicht annehmen wollten, sondern erfolglos in der Einflugluke bauten, entschieden sie sich doch, draußen zu nisten. In 2m Höhe hatte ich einen robusten Korb von 40cm x 30cm x 13cm unter der Überdachung an der Wand angebracht. Als Nistmaterial gab ich Birkenreisig von maximal 30cm Länge. Alle Zweige wurden verbaut um, ein Nest von ca. 24cm Durchmesser zu schaffen. Der Volierenboden wurde förmlich sauber gesammelt. Von einer durch den Draht aus der Nachbarvoliere wachsenden Fichte rupften sie Zweige und kleideten damit das Nest aus. Gräser oder Blätter verwendeten sie nicht. Nach dieser Beobachtung fotografierte ich das Nest mit den beiden Eiern und störte danach nicht mehr das Geschehen. Zu der Zeit (03. Mai) war das jüngste Weibchen 10,5 Monate alt.
erstes Gelege
Bekanntlich legen bei den Guirakuckucken alle Weibchen einer Gruppe die Eier in ein Nest und bebrüten sie abwechselnd gemeinschaftlich. Die Brutzeit dauert 10 bis 15 Tagen, die Nestlingsdauer nur 14 Tage, wobei die Jungen angeblich bei Störungen schon mit 6 Tagen das Nest verlassen können. Warum die Aufzuchtzeiten so kurz sind, ist für die Vogelhaltung sicher nicht relevant, aber schon interessant zu wissen – ich weiß es nicht.
Am 17. Juni verließ ein Jungtier das Nest. Nur unwesentlich kleiner als die Alttiere, aber mit kurzem Schwanz, dunkler Iris und hornfarbenem Schnabel unterscheidet es sich deutlich von den anderen. Es konnte zwar ungeschickt fliegen, aber sehr gut am Volierendraht klettern. Schon am ersten Tag suchte es den Innenraum auf. Zweimal setze ich ihn wieder in das sonnige Außengehege, danach dachte ich mir, dass es schon einen Grund geben wird, warum es nach drinnen will, wo es immer wieder in der ungenutzten Nisthilfe saß. Seit es vier Tage alt ist, verlässt es genauso hektisch wie die Altvögel den Raum, wenn ich füttern komme, kehrt aber später in den Innenraum zurück.
das Jungtier hat gerade das Nest verlassen
Das „Vokabular“ der Kuckucke hat sich mir stark verändert. Von allen vier Tieren werde ich nun aus sicherer Entfernung wild zeternd verflucht, während ich das Futter bereitstelle. Dies geschieht selbst dann, wenn sie das neue Futter aufnehmen und dem geflüchteten Jungtier damit folgen, ich aber noch im Raum bin.
Da ich keine weiteren Nestkontrollen gemacht habe, kann ich nicht sagen, wieviel Eier gelegt wurden, noch ob zwischenzeitlich eventuell Eier von den Elterntieren aussortiert und gefressen wurden. Der Legeabstand eines Weibchens soll 2 Tage, selten nur 1 Tag dauern. Kopulationen erfolgen, nachdem das Männchen mit immer wieder ausbreitenden Flügeln um das sitzende Weibchen wirbt. Dies fand jetzt unter anderem auf dem Nestrand statt. Das Jungtier hatte dieses gerademal von einer Woche verlassen.
Den Inhalt des nun verlassenen Nestes fotografierte ich, als alle Tier im Innenraum waren. Sechs wohl unbefruchtete, verschmutzte Eier lagen dort. Wie sollte ich nun mit diesem Nest umgehen? Ist eine Folgebrut zu erwarten und störe ich die Tiere, wenn ich die Eier entferne? Diese Fragen stellte ich Dr. Tobias Rahde, Vogelkurator im Berliner Zoo, wo Guirakuckucke nachgezogen werden. Die Antworten lauteten: 1. Eine zweite Brut ist möglich, da es sehr früh sehr warm war in diesem Jahr. Im Zoo passierten aber bisher nur eine Brut pro Jahr. 2. So wie ich vermutete, ist es ratsam, die nicht ausgebrüteten Eier im Nest zu lassen, nicht zu stören und die „Entsorgung“ den Kuckucken zu überlassen.
Eier im verlassenen Nest
Dies entspricht genau meinem Empfinden: wir Vogelhalter sollten uns um die optimale Haltung und Versorgung kümmern und uns aus den internen Vogelangelegenheiten möglichst großzügig raushalten. Die können das alles auch ohne uns.
Heute, am 23 Juni, fand ich nun sechs neue Eier im Korb im Innenraum. Es erfolgte kein Nestbau. Nistmaterial gab es keines, da ich nicht mit einem sofortigen nächsten Brutversuch gerechnet hatte und folglich keines anbot. Das alte Nest ließen sie unversehrt.
im Nest in der Innenvoliere
Wenn wir von der Aussage ausgehen, dass jedes Weibchen nur jeden zweiten Tag legt, wurde das erste Ei vor sechs Tagen gelegt, also direkt nachdem das Junge vor sieben Tagen das Nest verließ.
Laut Darstellung bei Wikipedia liegt der Abstand bis zum nächsten Brutversuch durchschnittlich bei 66 Tagen, wenn ein Gelege erfolgreich aufgezogen worden ist. Diese Aussage kann ich wohl widerlegen.
Der Fütterungsaufwand, die Absatzschwierigkeiten von mehreren Jungtieren, von denen man aus einer Gruppenhaltung nie garantiert blutsfremde Tiere – ohne ständiges Stören des Brutgeschehens (Eierkennzeichnung, Kameraüberwachung) – abgeben kann, und die erwähnte laute Kommunikation der Vögel sind wohl die Hauptgründe, warum diese Vogelart selten von privaten Haltern gepflegt wird.
Da mein Interesse doch eher Tieren gilt, die eine Gemeinschaft lieben, sind die Guirakuckucken das richtige für mich. Es ist immer etwas los und mit ihrem Habitus sind sie ohnehin etwas Besonderes.
Text und alle Fotos: B. Simon
(23. Juni 2018)
Dieser Bericht ist in der „Gefiederten Welt“ 8/2018 erschienen ; Seite 20 bis 23.
Zusatz des Autors im Februar 2019:
Ende Juli 2018, während meiner Abwesenheit, verließen zwei Jungvögel das Nest und überraschten mich bei meiner Heimkehr.
Nach nur weiteren etwa 5 Wochen flogen in der letzten Augustwoche erneut Jungtiere aus. Diesmal waren es fünf, wodurch sich mein Bestand auf zwölf Guirakuckucke erhöhte. Beide Bruten erfolgten in der Außenvoliere und das am 23. Juni fotografierte Gelege in der Innenvoliere wurde nicht bebrütet. Zwischen dem jeweiligen Ausfliegen der Jungtiere vergingen lediglich 4 bis 5 Wochen.
Es war damit der Platz in der beschriebenen Unterbringung natürlich viel zu klein und die Schar zog Mitte September um. Diese Voliere ist nun ca. 40 m² groß. Der sich anschließende Innenraum mißt 7 m². Beim Umsetzen der Tiere fand ich im zurückgelassenen Nest sechs neue Eier. Ich habe es abgebaut und mit dem Gelege in der neuen Voliere angebracht. Es wurde zwar sofort von den Kuckucken angenommen, allerdings nach 10 Tagen leer geräumt.
Die Jungtiere, die im Juni und Juli das Nest verließen, unterschieden sich nun überhaupt nicht mehr von den Elterntieren.
In ihrer jetzigen Behausung leben sie nicht mehr so abseits, können uns Beobachter ständig sehen und verloren vielleicht dadurch etwas von ihrer Scheu.
Erwähnenswert ist der Futterverbrauch von zwölf Tieren. Momentan füttere ich allein an tierischer Nahrung in zwei Fütterungen pro Tag 14 abgezogene, zerkleinerte Eintagsküken, 20 Stinte und etliche Zophobas und Mehrlwürmer.
verwendete Literatur:
Theo Pagel / Bernd Marcordes
“Exotische Weichfresser”
Verlag Eugen Ulmer KG (2011)
ISBN 978-3-8001-5192-9
Zootierhaltung Vögel
W.Grummt, H. Strehlow (Hrsg.)
Wissenschaftlicher Verlag Harry Deutsch
1. Auflage 2009
ISBN 978-3-8171-1636-2
sonstige Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Guirakuckuck