26 Jan, 2018

Gabelschwanzracke

Erfahrungen mit Gabelracken

Text und Fotos: Ralf und Karl-Heinz Pelkmann

Beitragsbild: www.lietzow-naturfotografie.de

Die Gabelracke (Coracias caudata), auch Gabelschwanzracke oder Grünscheitelracke genannt, gehört zur Familie der Rackenvögel (Coraciiformes) und dort zur Familie der eigentlichen Racken (Coraciidae).

Gabelracken werden etwa 40 cm groß. Namensgebend sind die 2 schwarzen verlängerten Schwanzfedern, die bei beiden Geschlechtern vorkommen. Äußerlich sind beide Geschlechter nicht zu unterscheiden, so dass das Geschlecht nur über DNA-Analyse sicher bestimmt werden kann. Eine ausführliche Beschreibung des sehr bunten Gefieders ersparen wir uns hier, da die Bilder wohl ausreichen dürften.

Das Verbreitungsgebiet der Gabelracken erstreckt sich von Äthiopien durch Ost-Afrika bis Angola, dem mittleren und südwestlichen Afrika bis hin zum Vaal und nördlichen Nataal. Dabei werden hauptsächlich Savannen und offene Landschaften mit nur wenigen Bäumen und Büschen als Lebensraum bevorzugt. Da Gabelracken sehr territorial sind, sieht man sie meist einzeln an exponierten Stellen sitzen und auf Beute lauern. Selten sind sie paarweise unterwegs.

Ihre Beute besteht zum größten Teil aus Heuschrecken und Grillen. Daneben werden aber auch Spinnen, Käfer, Raupen und Skorpione verzehrt. Selten sind auch kleine Vögel, Mäuse und Reptilien unter den Beutetieren.

Bei uns bestand das Futter hauptsächlich aus lebenden Insekten (Heuschrecken, Grillen, Heimchen, Rosenkäferlarven, Mehlwürmern, Mehlkäfern, Zophobas) und etwa 2 x in der Woche 1 – 2 Babymäusen (gibt es gefroren im Futtermittelhandel) pro Vogel. Eintagsküken (auch zerkleinert) wurden von unseren Vögeln nicht genommen. Gritt und Wasser standen immer bereit, auch wenn wir die Racken niemals beim Trinken beobachten konnten. Vermutlich wird der Großteil der benötigten Flüssigkeit aus den Beutetieren gewonnen. Große Beutetiere schlugen die Vögel mehrmals gegen Äste um sie zu betäuben. Anschließend wurde die Beute im Ganzen verschluckt.

Unsere erste Gabelracke erhielten wir im November 2010. Es war ein junges Männchen (mit DNA-Test), welches im Juni 2010 im Kölner Zoo geboren wurde.  Der Vogel verbrachte den Winter im 2 m x 1,5 m x 1,9 m (Länge x Breite x Höhe) und stets auf 15 Grad C erwärmten Innenbereich einer kombinierten Innen-/Außenvoliere, die später auch dem Paar als ständigem Aufenthalt diente. Die Außenvoliere hatte die Maße von 3 m x 3 m x 2 m und war mit Bambus, Schmetterlingsflieder, einem Apfelbäumchen und Gras spärlich bepflanzt. Da Gabelracken Ansitzjäger sind, die gerne an exponierten Stellen sitzen und auf Beute lauern, ist es wichtig ihnen viel freie Bodenfläche zu bieten. Dabei wird der Boden nicht nur zur Jagd sondern auch für ausgiebige Sonnenbäder genutzt. Ergänzend dazu sollte auch viel freier Flugraum geboten werden, da Gabelracken gewandte Flieger sind, die besonders zur Paarungszeit tollkühne Flugmanöver vollführen. Im Nachhinein würden wir für die Haltung von Gabelracken eine noch größere Voliere mit mindestens 3 m Höhe empfehlen.

Als Nistgelegenheiten wurden 2 Halsbandsittichnistkästen angeboten (einer in der Außenvoliere und einer in der Innenvoliere). Diese Naturstämme haben ein Einflugloch von 7 cm Durchmesser bei einem Innendurchmesser von 30 cm. Unbehandelte Sägespäne dienten als Einstreu und wurden etwa 10 cm hoch eingefüllt.

Erst im Juli 2011 konnten wir bei einem privaten Züchter ein junges Weibchen (mit DNA) erstehen. Aufgrund des hohen Altersunterschiedes und der zu erwartenden Kämpfe bei der Vergesellschaftung, brachten wir das Weibchen zunächst einzeln in einer Innenvoliere unter.  Die Voliere wurde so gewählt, dass die beiden Vögel sich sehen und hören konnten aber jeder Vogel auch eine Rückzugsmöglichkeit ohne Sichtkontakt hatte. Erst als beide Vögel etwa die gleiche Größe und das gleiche Gewicht erreicht hatten, konnte an eine Zusammenführung gedacht werden.

Um die Zusammenführung gut überwachen und notfalls sofort eingreifen zu können, wählten wir das Osterwochenende 2012 als Termin. Am Morgen des Karfreitags setzten wir das Weibchen in die Voliere des Männchens.  Zuvor war der Durchgang in die Außenvoliere verschlossen worden. Futter befand sich an zwei gegenüberliegenden Stellen in der Voliere und zusätzlich gaben wir noch mehrere lebende Heuschrecken als Ablenkung hinein. Die Zusammenführung verlief heftig und in etwa so, wie sich auch die Paarbildung in freier Wildbahn abspielt. Die beiden Vögel bezogen gegenüberliegende Plätze (das Männchen links und das Weibchen rechts) in der Voliere und lauerten auf die Bewegung des jeweils anderen. Sobald einer der Vögel (überwiegend das Männchen) versuchte seinen Sitzplatz zu wechseln, flog der andere Vogel unter großen Geschrei ebenfalls los um ihn in der Luft abzufangen, sich ineinander zu verkeilen, gemeinsam zu Boden fallen zu lassen und dort weiter zu kämpfen. Danach trennten sich die beiden Kontrahenten wieder, nur um auf ihren angestammten Sitzplatz zurückzukehren und das Ganze von vorne beginnen zu lassen.  Dies fand mit solch einer Heftigkeit und Ausdauer statt, dass wir mehrmals kurz davor waren, die beiden Racken dauerhaft zu trennen und das Projekt für gescheitert zu erklären. Der einzige Grund, dass wir es doch nicht taten war die Beobachtung, dass das Weibchen das Männchen einige Male so in eine Volierenecke gedrängt hatte, dass es sich nicht mehr selbst hätte befreien können ohne vom Weibchen schwer verletzt zu werden. Aber stattdessen machte das Weibchen jedes Mal den nötigen Schritt zurück, um dem Männchen genug Raum zu geben, damit es sich wieder umdrehen und auf seinen Sitzplatz fliegen konnte. Außerdem durften beide Vögel in Ruhe fressen, ohne vom Anderen bedrängt zu werden. So ging es die nächsten 4 Tage weiter. Erst am Dienstag waren die Fronten wohl geklärt und das Weibchen als Sieger aus dem Kampf hervorgegangen. Von da an war es eigentlich ein harmonisches Pärchen, das einträglich neben einander saß und bei dem das Weibchen häufig vom Männchen gefüttert wurde. Da Gabelracken als monogam gelten, dachten wir nun ein lebenslang gut harmonierendes Pärchen zu besitzen und freuten uns auf etwaigen Nachwuchs.

Etwa ein halbes Jahr nach der Zusammenführung kam es zur ersten Paarung. Die eigentliche Paarung erfolgt sitzend auf einem Ast. Das Männchen übergibt Futter (in diesen Fall eine ausgewachsene Wanderheuschrecke) an das Weibchen. Während dieses das Futtertier noch im Schnabel hält, packt das Männchen mit seinem Schnabel die Stirn des Weibchens knapp über dem Schnabelansatz und rückt mit seinem Hinterteil eng an die Seite des Weibchens heran. Danach springt das Männchen auf den Rücken des Weibchens, welches daraufhin ihre Schwanzfedern nach oben richtet. Das Männchen drückt dann seine Kloake leicht seitlich gegen die des Weibchens, wobei er seine Schwanzfedern nach schräg unten zeigen lässt. Die ganze Paarung dauert nur etwa 5 Sekunden. Danach steigt das Männchen zur anderen Seite vom Weibchen ab und gibt ihren Kopf wieder frei. Durch diese halbkreisförmige Drehbewegung verliert das Weibchen häufig einige Federn an der Stirn. Auch wenn man die eigentliche Paarung nur selten sieht, kann man bei einem kreisrunden Federverlust auf der Stirn des Weibchens davon ausgehen, dass eine Paarung stattgefunden hat. Leider war unser Weibchen zum Zeitpunkt der Paarung mit nur einem Jahr noch nicht geschlechtsreif, so dass kein Gelege folgte. Gabelracken erlangen ihre Geschlechtsreife erst mit 2 – 3 Jahren.

Das ganze Jahr 2013 verlief harmonisch, auch wenn es zu keiner weiteren Paarung kam. Obwohl das Männchen häufiger Zeit im Nistkasten verbrachte und versuchte das Weibchen mit Futter ebenfalls zum Einflugloch zu locken, zeigte dieses kein Interesse. Trotzdem waren beide immer noch sehr aneinander interessiert. Leider änderte sich dies 2014 komplett.

Zunächst war zu beobachten, dass die beiden Gabelracken nicht mehr so eng beieinander schliefen. Da es aber ansonsten ruhig blieb und das Weibchen weiterhin vom Männchen gefüttert wurde, dachten wir uns nichts dabei. Erst nachdem wir Ende April die Ausflugsklappe zur Außenvoliere öffneten, begannen die Gabelracken sich die Voliere aufzuteilen. Das Weibchen beanspruchte die komplette Innenvoliere für sich und ließ das Männchen nicht mehr hinein. Daher waren wir gezwungen, die Klappe auch nachts geöffnet zu lassen (bisher verbrachten beide Vögel die Nächte bei geschlossenem Ausflug im Innenraum) und das Männchen in der Außenvoliere zu füttern. Noch machten wir uns nicht viele Sorgen, da sich beide Vögel in der Außenvoliere vertrugen und das Weibchen dort weiterhin Futter vom Männchen annahm. Als das Weibchen anfing sich öfters im Nistkasten im Innenraum aufzuhalten und etwas von der Einstreu hinauszubefördern, machten wir uns schon Hoffnungen auf einen Brutversuch. Doch leider gelang es den beiden Tieren nicht, sich auf einen Nistkasten zu einigen. Das Männchen durfte weiterhin nicht in den Innenraum und seine Bemühungen das Weibchen mit Futter zur Bruthöhle in der Außenvoliere zu locken scheiterten. Nach 2 – 3 Wochen kam es dann auch wieder in der Außenvoliere zu Kämpfen, welche denen bei der ersten Verpaarung ähnelten. Auch dies hielten wir noch für normales Paarungsverhalten. Doch wenige Tage später versteckte sich das Männchen in Bodennähe im Schmetterlingsflieder und wurde vom Weibchen von einer erhöhten Sitzposition aus argwöhnisch beobachtet. Am nächsten Tag war unser Schreck groß, da wir das Männchen überhaupt nicht mehr finden konnten. Sofort jagten wir das Weibchen in die Innenvoliere und schlossen die Ausflugklappe. Die anschließende Suche in der Außenvoliere und dem dortigen Nistkasten brachte kein Ergebnis. Der Vogel blieb verschwunden. Da der Verbleib des Männchens nicht geklärt war, ließen wir das Weibchen in den nächsten Tagen auch nicht mehr hinaus. Umso erstaunter waren wir, als das Männchen nach drei Tagen seinen Kopf aus der Nisthöhle im Innenraum streckte. Sobald er diese allerdings verließ, wurde er vom Weibchen heftig attackiert. Selbst fressen konnte er nicht mehr in Ruhe. Daraufhin öffneten wir die Ausflugsklappe wieder und das Weibchen flog sofort in die Außenvoliere, wo sie die nächsten 3 Wochen auch den Großteil ihrer Zeit verbrachte. Allerdings durfte sich das Männchen immer noch nicht zeigen. Sobald das Weibchen eine Bewegung in der Innenvoliere vermutete, kam sie sofort unter großem Geschrei in die Innenvoliere geflogen und attackierte das Männchen sofern es sich zeigte. Da wir immer noch nicht ausschließen konnten, dass es sich um einen Brutversuch nur mit veränderten Rollen (eigentlich sollte das Weibchen brüten und das Männchen die Bruthöhle bewachen) handelte, warteten wir noch die Brutzeit von 17 – 20 Tagen ab. Als sich das Verhalten aber auch nach Ablauf dieser Zeit nicht änderte und auch der Futterverbrauch keinen Anhaltspunkt für das Vorhandensein von Küken lieferte, entschlossen wir uns einen Blick in den Kasten zu werfen. Dafür wurde das Weibchen in die Außenvoliere gesperrt und der Nistkasten geöffnet. Wie bereits erwartet, waren keine Spuren von Eiern oder Jungvögeln vorhanden. Nur das etwas abgemagerte Männchen saß im Kasten auf vollgekoteter Einstreu. All das war für uns Grund genug davon auszugehen, dass das Männchen nur aus Angst vor den Attacken des Weibchens in den Nistkasten geflohen war und sich nicht mehr heraus traute. Bisher war die Einstreu nämlich noch nie beschmutzt worden. Kot wurde immer außerhalb des Nistkastens abgesetzt. Daher beschlossen wir uns schweren Herzens die Gabelracken dauerhaft zu trennen. Das Männchen bezog alleine eine neue Voliere, wo es sich innerhalb weniger Tage wieder erholte. Das Weibchen verblieb zunächst in der alten Voliere. Da wir nicht damit rechnen konnten, dass sich die beiden Vögel in Zukunft je wieder vertragen würden, entschlossen wir uns dazu, zumindest eine Gabelracke abzugeben.

Durch die freundliche Vermittlung von Bernd Simon erfuhren wir, dass der Kölner Zoo eine weibliche Gabelracke suchte. So konnten wir am 20. September unser Weibchen gegen 1,1 Weißbrauen-kuckucke (Centropus superciliosus) tauschen, mit denen wir im nächsten Jahr hoffentlich mehr Glück haben werden. Natürlich drücken wir auch die Daumen, dass die Neuverpaarung im Kölner Zoo funktioniert und es dort zu Nachzuchten kommt.

Inzwischen hörten wir von mehreren Haltern, dass sie ganz ähnliche Erfahrungen mit Gabelracken erlebt hatten.  Bei unserem Tausch im Kölner Zoo erfuhren wir, dass dort das Männchen bereits 2 Weibchen getötet hatte. Einem anderen Halter tötete ein Weibchen nacheinander insgesamt 3 Männchen bevor er sich entschied diese Art aufzugeben. Auch der Züchter unseres Weibchens berichtete von Streitereien seines Zuchtpaares, die ihn veranlassten das Weibchen nach dem Ausflug der Jungtiere aus der Voliere zu nehmen, da es vom Männchen stark attackiert wurde. Daraufhin zog das Männchen die Jungen ohne Probleme alleine auf. Dies Phänomen scheint aber nur bei Gabelracken verbreitet zu sein. Von Blau- (Coracias garrulus) oder Opalracken (Coracias cyanogaster) sind uns bisher keine tödlichen Streitereien innerhalb eines Paares bekannt.

Auch wenn in der Literatur häufig darauf verwiesen wird, dass Gabelracken gut mit anderen Vögeln vergesellschaftet werden können und dies in vielen Zoos auch praktiziert wird, können wir dies dem privaten Halter nicht empfehlen. Es müssten schon sehr große Volieren sein, in denen die anderen Vögel einem kämpfenden Paar Gabelracken weiträumig aus dem Wege gehen können, damit Verletzungen vermieden werden. Außerdem betätigen sich Gabelracken durchaus als Nesträuber, was die Chancen auf erfolgreichen Nachwuchs bei ihren Mitbewohnern stark mindert. Von daher empfiehlt sich bei Zuchtabsichten eine paarweise Unterbringung ohne Vergesellschaftung.

Insgesamt bleibt uns festzuhalten, dass Gabelracken sehr schöne Tiere mit interessantem Verhalten sind, die aber bei der Verpaarung sehr wählerisch sind und regelmäßiger Beobachtung bedürfen.

Literatur:

„Exotische Weichfresser“ von Theo Pagel und Bernd Marcordes, Verlag Eugen Ulmer

„Encyclopedia of Aviculture“ by Glen Holland  et al., Verlag Hancock House

Internetquelle:  www.biodiversityexplorer.org

Veröffentlicht 2018 von: ZG Pelkmann (Ralf + Karl-Heinz)