Der Rosenstar
Sturnus roseus (Linné, 1758)
Copyright Bilder und Text: Thomas Ratjen, Sievershütten
Systematik:
Ordnung: Passeriformes – Sperlingsvögel
Unterordnung: Passeres – Singvögel
Familie: Sturnidae – Stare
Gattung: Sturnus
Art: Sturnus roseus
Unterarten: Keine
Zusammen mit meinem Freund Manuel Kömpf konnte ich vor einigen Jahren einige Paare Rosenstare erwerben. Von weiteren Züchtern, die nur jeweils ein Paar besaßen und damit keine Zuchterfolge erzielen konnten, erwarb ich weitere Vögel, sodass ich letztendlich 4,3 Rosenstare im Bestand hatte. Über meine Haltung und erfolgreiche Vermehrung möchte ich hier berichten.
Beschreibung:
Männchen im Brutkleid an Kopf und Hals (in der Körpermitte ober- und unterseits bis zum Vorderrücken bzw. der Vorderbrust reichend) schwarz mit rötlichpurpurnem Glanz und fahlbraunen Federspitzen. Übriger Vorderrücken, Schultern, Rücken und Bürzel sowie Brust, Flanken und Bauch blassrosa, oberseits mit langen, unterseits mit kürzeren fahlbraunen Federspitzen. Schenkelbefiederung, Ober- und Unterschwanzdecken schwarz mit bläulichem Glanz und graubräunlichen Federrändern. Steuerfedern schwarz, Hand- und Armschwingen mit schwarzen Außen- und dunkelbraunen Innenfahnen, Hand- und Armdecken schwarz, alle schwarzen Partien mit blaupurpurnem und grünem Glanz. Längste Haubenfedern am Hinterscheitel 27–45 mm lang. Durch Abnutzung der bräunlichen Federpartien wird das Gefieder bis zur Brutzeit im Mai / Juni reiner schwarz und rosa. Weibchen sind ähnlich gefärbt, die schwarzen Gefiederpartien aber matter, weniger glänzend und frisch fein bräunlich gesäumt, die braunen Federspitzen allgemein ausgedehnter. Im abgenutzten Brutgefieder sind Weibchen wie Männchen gefärbt, das Rosa gewöhnlich nicht so rein, Kopf, Schwanz und Flügel mehr braunschwarz mit schwächerem Glanz. Die Haubenfedern nur 17–30, meist 20–26 mm lang. Im Jugendkleid sind sie Oberseits einfarbig (hell)braun, Zügel, Kehl- und Halsseiten, Vorderbrust und Flanken blass braun. Der Schnabel ist bei Jungvögeln gelblich horn- bis strohfarben mit etwas verdunkelter Spitze, färbt sich im Winterquartier von der Spitze her dunkel, behält aber eine orangegelbliche Unterschnabelbasis. Bei Altvögeln ab Mai/Juni lebhaft hell (gräulich)rosa, mit scharf abgesetzt (blau)schwarzer Hälfte des Unterschnabels, Oberschnabel nur im Schnabelwinkel und am Nasenloch schwarz. Die Füße sind bei juv. gelbbräunlich, bei ad. (gräulich)fleischfarben. Die Augenfarbe ist schwarzbraun. Die Größe beträgt ca. 19 bis 21 cm.
Der Gesang ist ein lebhaftes, starenartiges Schwatzen aus schirpenden, krächzenden, ratternden, zwitschernden, selten melodisch trillernden Elementfolgen mit einzelnen schrill kreischenden Tönen. Insgesamt ist er variantenärmer, weniger wohlklingend und eiliger vorgetragen als der unseres einheimischen Stars.
Verbreitung und Biotop:
Die Verbreitungsgebiete des Rosenstars erstrecken sich von der Dsungarei, Kasachstan, Kirgisistan über die nordwestliche Mongolei, Sinkiang sowie Tadschikistan, Turkmenistan, Usbekistan bis nach Südrussland einschließlich Ukraine, Aserbaidschan und Armenien. Des Weiteren ist der Rosenstar im Norden Afghanistans, in Syrien und im Iran anzutreffen. Seine Überwinterungsquartiere befinden sich hauptsächlich im nördlichen Indien.
Selten kommen Rosenstare auch über Bulgarien und Ungarn zu uns. Dieser Besuch der Rosenstare ist wahrscheinlich einem vorübergehenden Nahrungsmangel in ihrem eigentlichen Brutgebiet geschuldet.
Die Art ist Zugvogel, der als sozialer Nahrungsspezialist seine Koloniestandorte nach dem von Jahr zu Jahr stark wechselnden Nahrungsangebot wählt.
Rosenstare bewohnen warme, niederschlagsarme (Trocken)Steppen- und Halbwüstenlandschaften, soweit sie in 5–10 km Entfernung geeignete Möglichkeiten zu kolonieweisem Nisten sowie Trink- und Badewasser aufweisen. Brutvorkommen sind wegen dieser Bindung an ebene Steppenflächen, dreidimensionalen Niststrukturen und (fließendem) Wasser besonders auf die Hänge und Schluchten der Gebirgsausläufer in den Randbereichen der großen Ebenen und auf weite Täler tiefer und höherer Lagen (bis 2000 m ü. M.) konzentriert. Nach der Brutzeit und im Winterquartier (in dem der Rosenstar etwa 8 Monate verbringt) in offenem Gelände jeder Art, bevorzugt aber Rasenflächen, Viehweiden, Feld- und Gartenbaugebiete. Da die Art gesellig Nahrung sucht und in dichten Kolonien von mehreren hundert bis mehreren tausend Paaren brütet, bedarf es zu einer erfolgreichen Brutansiedlung eines sehr großen Nahrungsangebotes, das in erster Linie zu periodischer Massenvermehrung befähigte Feldheuschrecken in Gradationsjahren zu bieten vermögen. Für die Nestlinge werden vor allem Junglarven gebraucht, der innerhalb der Kolonie sehr weitgehend synchronisierte Brutzyklus muss deshalb auch auf den Entwicklungszyklus der Hauptbeutetiere abgestimmt sein.
Nahrung:
Neben Feldheuschrecken verzehren Rosenstare in der Natur Laubheuschrecken, Fangschrecken, Zikaden, Käfer, Wanzen, Schmetterlinge und Raupen, Hautflügler und Fliegen sowie einzelne Spinnen, Asseln und Schnecken. Holunder-, Johannis- und Stachelbeeren, Kirschen und besonders Maulbeeren werden in der Brutzeit ebenfalls verzehrt und sollten auch in der Haltung gereicht werden.
In der Voliere reichte ich ein Insektenpatee als Grundfutter. Gut genährte Mehlkäferlarven („Mehlwürmer“) wurden mit einem Olivenöl leicht angefeuchtet und mit Korvimin oder Nekton MSA „paniert“. Heimchen und Heuschrecken wurden lebend in einer größeren Kunststoffbox, in der sie leicht erbeutet werden konnten, gereicht. Diesen werden fast immer Beine und Flügel ausgerissen. Gefrostete Pinkies, in den ersten Tagen der Jungenaufzucht auch Buffalos, in einer flachen Wasserschale angeboten. Wachsmaden und Drohnenbrut wurden auch gern gefressen, aber nur in geringen Mengen gereicht.
Im Herbst wurde das Lebendfutter stark reduziert, dafür vermehrt Obst und auch verschiedene Beeren angeboten.
Das Futter wurde halbhoch und auf dem Boden gereicht. Die Art hält sich zur Nahrungssuche viel auf dem Boden auf. Ein „Zirkeln“, wie bei unserem einheimischen Star, konnte ich aber nicht beobachten. Mit ihrem Schnabel stechen diese Löcher in den Boden, die sie durch das anschließende Öffnen des Schnabels vergrößern. Nun spähen sie mit seitlich gerichtetem Blick in das Loch und laufen darum herum, um ihre Beute zu erhaschen.
Unterbringung und Vermehrung:
Als Neststandort bevorzugt die Art in der Natur Felsstürze in natürlichen oder Steinbruch-Block- und Grobschutthalden in löchrigem oder zerklüftetem, spaltenreichem Felsen oder in erodierten Sand-, Löß- und Lehmwänden, öfters auch im zerfallenden Stein- oder Ziegelmauerwerk von Ruinen, im groben Blockwurf von Bahndämmen und in Strohdächern. Einzelne Kolonien wurden in den Spalten einer Salzmine, in erweiterten Uferschwalbenröhren und in der ebenen Steppe zwischen und unter Steinblöcken und -platten kirgisischer Grabdenkmäler gefunden. In der Ukraine entstanden Kolonien in den Kalksteinhaufen einer Zuckerfabrik und in Strohtristen, in die die Vögel zunächst Löcher zu bohren hatten. In den an Höhlungen reichen, zum Meer abfallenden Kalkwänden des Berges Opuk auf der Halbinsel Kertsch brüteten Rosenstare jahrelang als Brutnachbarn von Staren, Dohlen, Mauerseglern, Turm- und Rötelfalken sowie Brandgänsen. Die ungarischen Kolonien nutzten in der Mehrzahl zu großen Straßenbauvorhaben vorbereitete Pflastersteinstapel, andere auch Pfahlholzstöße, Lehmziegel- und Backsteinstapel, Ried- und Strohdächer, Löcher und Spalten in einer Weinberg-Trockenmauer und einem Steinbruch und Löcher und Drainageröhren in einer Steinbrücke. Untergebracht waren die Stare bei mir in einer Aussenvoliere von 3x5x2,2m (LxBxH). Diese ist in den vorderen 3 Metern mit lichtdurchlässigen, im hinteren Bereich mit Blech – Trapezplatten überdacht. Die hinteren 2m sind 3-seitig mit Rauspund Brettern geschlossen, an diesen werden Nistmöglichkeiten und vereinzelte Kiefernzweige angebracht. Der vordere Bereich ist zu den Nachbarvolieren doppelt mit Drahtgitter bespannt, Streitigkeiten mit anderen Arten in den danebenliegenden Volieren konnte ich allerdings nie beobachten. Die Stare konnten problemlos ganzjährig in dieser Voliere verbleiben. Bepflanzt war die Voliere mit Eibe und Holunder, einige Baumwurzeln und Steine rundeten die Einrichtung ab, sodass der Boden weitgehend frei blieb. Ein großes Badegefäß zum ausgiebigen Bad sollte auf keinen Fall fehlen.
Vergesellschaftet wurden die Rosenstare bei mir nicht. Um den Rosenstaren möglichst natürliche Brutmöglichkeiten zu bieten wurden aus einer nahegelegenen Kiesgrube größere Steine und Betonblöcke geholt. Diese wurden bis zu einer Höhe von 1,5m aufgestapelt, die Zwischenräume mit Schotter verfüllt, sodass nur noch einige Eingänge zu Bruthöhlen übrigblieben. Eine ähnliche Konstruktion aus Betonpflanzringen hatte ich mir im Vorwege bei Mathias Blattner, von dem ich übrigens auch mein Weichfutter beziehe, angeschaut, dieser hatte damit gute Erfolge. Alternativ wurden den Staren noch 5 Holznistkästen in der Größe 25x25x40cm (LxBxH) angeboten. Obwohl sich ein überzähliges Männchen in der Voliere befand konnte ich nie Streitigkeiten feststellen. Bereits im Februar begannen die Männchen ihren Gesang vorzutragen, dabei wurde mit den Flügeln geschlagen und die Haube aufgestellt. Bei gutem Wetter konnte man ab Ende April erste Nestbauaktivitäten beobachten, die Männchen trugen dabei fleißig ihren Gesang vor, der sich bis hierhin deutlich gesteigert hatte. Erst gegen Mitte Mai wurden diese Nester aber auch fertiggestellt. Alle Paare bezogen die Holznistkästen, die mit so viel Aufwand errichtete Brutwand fand bei keinem Paar Beachtung. Das Nest ist ein sehr flüchtiger, lockerer Bau aus viel Heu, Stroh, dürren Halmen, Stängeln und Blättern, Federn, dünnen Reisern u.a., der Nestbau erfolgt durch beide Partner. Nistmaterial wurde fast bis zur Höhe des Einflugloches eingetragen, sodass ich heute etwas niedrigere Nistkästen verwenden würde. Die Eier sind sehr blass bläulich bis bläulich weiß, heller und stärker glänzend als bei Sturnus vulgaris. Die Gelegegröße beträgt meist 4–6, seltener 3 oder 6–7 Eier. Nester mit 8 Eiern sind in der Natur nicht ungewöhnlich, kommen aber wie vereinzelte größere mindestens z. T. durch Verlegen oder Zusammenlegen zweier Weibchen zustande, dieses konnte ich in der Voliere allerdings nicht beobachten. Es wurde auch in der Voliere nur eine Jahresbrut getätigt. Die Brutdauer beträgt etwa 12–13 Tage. Eine Eiablage erfolgt mit 24 Stunden Abstand, Bebrütungsbeginn ist meist vor Ablage des letzten Eies. Alle 3 Paare legten jeweils 4 Eier und zu meiner Freude zogen bereits im ersten Jahr alle Paare erfolgreich Junge auf. Da die Art Melde-, Nachweis- und Kennzeichnungspflichtig ist wurden die Jungvögel im Alter von ca. 6 Tagen mit 4,5mm Artenschutzringen gekennzeichnet. Nistkastenkontrollen wurden nicht übelgenommen, allerdings immer von lautstarken Protesten begleitet. Die Nestlingsdauer beträgt etwa 14–17 Tage. 8 junge Rosenstare verließen die Nisthöhlen, danach konnte ich beobachten, dass nicht nur eigene, sondern auch fremde Junge von den Weibchen, welche den Großteil der Aufzucht übernehmen, gefüttert wurden. Weitere 14 Tage später waren sie selbständig, konnten aber problemlos bei den Altvögeln verbleiben und wurden später, nach erfolgtem DNA Test, an andere Zuchtfreunde abgegeben.
Der Artikel ist im „Vogelfreund“ Hanke Verlag 03/2021 erschienen.
Literatur:
„Handbuch der Vögel Mitteleuropas“ Urs N. Glutz von Blotzheim, E. Bezzel, K. M. Bauer; Vogelzug Verlag