22 Sep, 2020

Balistar und Javamaina

Balistar:        Leucopsar rothschildi        Stresemann 1912

Javamaina:   Acridotheres javanicus      Cabanis 1850

Text und Fotos: Andy Fuchs

Beitragsfoto: Bernd Simon

Allgemein:

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, an dieser Stelle über zwei Vogelarten zu berichten, die sich im Wesen und Verhalten sehr ähnlich sind. Beide gehören der Familie der Stare (Sturnidae) an und stammen aus dem südostasiatischen Raum. Ein bemerkenswerter Unterschied besteht jedoch. Beim Balistar handelt es sich um eine endemische Vogelart, das heißt er kommt (oder kam) nur auf der Insel Bali vor. Seinen Namen bekam der Balistar übrigens nach dem britischen Zoologen Lionel Walther Rothschild.

Im Gegensatz dazu bewohnt der Javamaina große Gebiete Südostasiens. Unter anderem sind Populationen in Taiwan und Südchina sowie in Singapur bekannt. Sein Bestand in der Natur wird auf der IUNC Red List als stabil eingestuft.

Beim Balistar habe ich geschrieben „kam“ nur auf Bali vor. Das liegt daran, dass die Population dieser Gattung, bzw. dieser Art nie sehr groß gewesen ist und sie deswegen schon seit Mitte der Siebzigerjahre auf der „roten Liste“ steht. Die einzigen freilebenden Tiere gibt es nur noch im Bali Barat Nationalpark im Nordwesten Balis, wo auch schon verschiedentlich Exemplare aus Erhaltungszuchtprogrammen ausgewildert worden sind. Leider kam es aber auch immer wieder vor, daß diese Tiere dann von Wilderern wieder eingefangen wurden. Der Balistar gilt in Indonesien heute noch als Prestigeobjekt, manche wohlhabende Indonesier sind sich der Einmaligkeit der Tiere bewusst und so wird nicht selten sehr viel Geld für ein illegal gejagtes Tier bezahlt. Es ist dem Balistar zu wünschen, daß die Population stabil gehalten werden kann, denn es wäre sehr schade, wenn es den „Clown aus Bali“ eines Tages nicht mehr geben würde.

(Anmerkung: Im September 2020 ist der Balistar auf der „IUCN Red List of Threatened Species immer noch in der Kategorie „Critically Endangered (CR), also als „vom Aussterben bedroht“ eingestuft.) 

Aussehen:

Der Balistar trägt ein schneeweißes Gefieder mit schwarzen Spitzen an Flügel und Schwanz. Die Haut ist blau, was besonders am nackten (typischen blauen) Augenring nicht zu übersehen ist. Auf dem Kopf trägt er einen weißen Federschopf, der bei der Balz oder bei Erregung auch aufgestellt wird. Die Augen sind dunkel. Bei jungen Balistaren wirkt das weiße Gefieder recht schmutzig, da es noch einige beigegraue Stellen aufweist. Die Geschlechter unterscheiden sich äußerlich nicht.

Beim Javamaina sind der Kopf, der Nacken und die Flügel schwarz. Der Körper ist etwas heller und glänzt in einem relativ dunklen Grauton. Der Bauch wird gegen den Bürzel hin noch einmal etwas heller. Am Ende des Rückens befindet sich ein weißer Spickel (schweizerisch für Zwickel) und auch an die Enden der Schwanzfedern sind von weißer Farbe. Wenn die Tiere mit eingezogenen Flügeln ruhig sitzen, lässt sich an der Flügelkante in der Nähe der Schultern ein weißer Punkt erkennen. Öffnet der Vogel seine Flügel, stellt man fest, dass sich ein ca. 3 cm breiter weißer Streifen über die gesamte Flügelbreite hinzieht.

Die Beine und der Schnabel sind gelb, ebenso die Iris. Im vorderen Kopfbereich, mit dem Schnabelansatz beginnend, trägt der Javamaina eine kleine, aber doch relativ gut sichtbare Federhaube. Dies ist der vermutlich der Grund weshalb er relativ häufig mit dem Haubenmaina (Acridotheres cristatellus) verwechselt wird. Ein Irrtum, dem auch der Autor zu Beginn verfallen war. Sofern die Angaben in meinem Buch aber stimmen unterscheidet sich der Haubenmaina im Bereich der Schwanzfederzeichnung und vor allem des weißen Flügelstrichs deutlich vom Javamaina. Der weiße Strich auf dem Flügel wird in meiner verwendeten Literatur beim Haubenmaina nämlich in rundlicher und etwas größerer Form dargestellt. Und vor allem die Haube fällt grösser und markanter aus. Auch bei den Javamainas fällt die Unterscheidung der Geschlechter schwer. Mir erscheint das Weibchen etwas kleiner und graziler zu sein.

Beide Vogelarten, Balistar und Javamaina, sind ungefähr gleich groß. Sie erreichen in etwa die Größe einer Amsel. Von den Lauten und Stimmen her, sind beide nicht zu überhören, insbesondere wenn sie miteinander einen „Schwatz“ halten. Die Lautstärke bewegt sich aber in einem sehr angenehmen Bereich. Einzig wenn Katzen oder andere unerwünschte Besucher an der Anlage vorbeigehen, können die Vögel die Lautstärke schon einmal hochfahren und ihren Unmut relativ unmissverständlich kundtun.

Haltung:

Balistare halten wir schon seit 4 Jahren. Das Javamaina-Paar konnte ich im Frühjahr 2007 von einem Händler aus dem Fricktal (Schweiz) beziehen. Zuerst musste ich die Javamainas kurzzeitig in einem großen Käfig unterbringen, später konnten sie dann in eine freigewordene Voliere mit Außengehege umgesetzt werden. Anfang Mai waren nämlich die geplanten Umbauarbeiten an der 6 x 6m großen Außenanlage fertig abgeschlossen. Es handelt sich um eine kleine Parkanlage mit Weiher, diversen Sträuchern, einem Futterhaus und einer mit Reben überzogenen Pergola. Im Jahr zuvor hielt ich dort eines von zwei Balistarpaaren. Es war sehr interessant die lebhaften Vögel in dieser Umgebung zu beobachten und gleichzeitig konnten auch Erfahrungen über bevorzugte Nistmaterialien und Vorlieben bei Brutkästen gesammelt werden. Dieses Jahr behielt ich die Balistare im unteren Teil meiner Volierenanlage und setzte die Javamaina in die große Anlage. Leider wusste ich zu dem Zeitpunkt relativ wenig über die Nistgewohnheiten dieser Tiere und so sorgte ich für verschiedene Möglichkeiten, unter anderem auch am Boden. Schlussendlich begannen sie dann aber ganz normal Stroh, Gras und zurechtgeschnittene dünne Zweige (zum Beispiel Hasel) in den großen Kasten zu tragen, der früher für Enten gedacht war. Es war erstaunlich wie viel Material die Tiere verbauten, wir mussten mehrere Male für Nachschub sorgen. Mit großem Eifer wurde der Kasten so recht stark aufgefüllt, wobei zu beobachten war, dass mit der Zeit die weicheren Materialien wie Stroh, Heu und längere Grashalme bevorzugt wurden.

Auch die Balistare unten begannen nun häufiger sich zu jagen und necken. Ich halte dieses Paar in einer Außenvoliere von 4 x 2 x 1 Meter mit einem Innenraum von 1,5 x 1,5 Meter. Die Fütterung erfolgt generell innen, die Nistkästen sind auch im Innenraum montiert. Wegen der Nachbarn werden bei uns die Klappen nachts geschlossen und die Tiere müssen im Innenraum übernachten.

Balz und Nestbau:

Vermehrt konnte nun bei beiden Arten Balzverhalten festgestellt werden. Hier ließen sich nun die Verhaltensähnlichkeiten der Arten gut sehen. Häufig war zum Beispiel zu beobachten wie sich ein Vogel (meistens das Männchen, aber beim Balistar auch ab und zu das Weibchen) ziemlich aufrecht hingestellt, den Kopf mehrere Male nach oben ruckend, den typischen gurgelnden Gesang angestimmt hat. Bei diesem Ritual setzt der Balistar auch noch seine Kopfhaube ein, die er dann provokativ aufrichtet.

In der Regel folgte meist eine Phase, in der die Vögel sich dann gegenseitig das Gefieder gepflegt haben. Bei solchen Balzspielen kann es im Kehl- und Brustbereich der Balistarweibchen zu massiven Gefiederschäden kommen, wenn das Männchen etwas überreagiert.

Das Weibchen hat Gefiederschäder am Hals.

Bei den Javamaina konnten keine solchen Schäden festgestellt werden.

Das Nest, das von den Balistaren in einem etwas kleineren, runden Naturnistkasten angelegt worden ist, unterscheidet sich von dem der Javamaina darin, dass vorwiegend nur Stücke von Zweigen verwendet worden sind. Optisch erinnert das Gebilde an einen kleinen Greifvogelhorst, wobei in der Mitte eine kleine Mulde angelegt wird. Nur ganz wenig wurde mit alten Federn und etwas Heu zum Schluss noch nachgepolstert. Ganz anders war das Nest der Javamaina aufgebaut. Hier wurden nur zu Beginn härtere Holzstücklein verwendet, im Anschluss wurde weicheren Materialien wie Gras, Stroh oder alte herumliegende Federn bevorzugt.

Brut:

Nichts deutete bisher daraufhin, dass bei den Vögeln bisher ein Brutgeschäft im Gange war. Zwar konnte man gerade im „Park“ bei den Javamaina schon beobachten, dass sie häufig im Kasten verschwunden sind, oder dass ein Vogel gerade aus dem Kasten gekommen ist, wenn man sich der Anlage genähert hat. Es war aber keineswegs so, dass das Weibchen nun dauernd oder länger verschwunden gewesen wäre, im Gegenteil. Die Javamaina saßen häufig auf Starenart aufgeregt miteinander schwatzend oder spielend beieinander. Ebenso verhielten sich die Balistare. Am Abend des 3. Juli, ich war gerade dabei die amerikanischen Stelzenläufer (Himanthopus mexicanus) zu kontrollieren, erschien mir aus dem Kasten der Javamaina ertöne ein leises Piepen und Zwitschern. Konnte das wirklich sein? Eine Überprüfung des Nestes sah ich tatsächlich 3 bereits geschlüpfte Jungtiere.

Ab dem nächsten Morgen fütterte ich sofort massiv mehr Mehlwürmer, und vor allem an verschiedenen höher gelegenen Orten des „Parks“ verteilt, damit die Stelzenläufer und Goldfasane (Chrysolophus pictus) nicht an sie herankommen konnten. Auf diese Art waren die Eltern gefordert das Futter zu suchen. Am nächsten Abend kontrollierten wir den Kasten erneut und konnten feststellen, dass auch das letzte der Jungen noch geschlüpft ist, es nun also 4 Stück waren. Nach dieser Kontrolle begab ich mich auch noch kurz in den unteren Teil der Anlage, um dort nach dem Rechten zu sehen. Dann beim Vorbeigehen am Brutkasten der Balistare erlebte ich dieselbe Geschichte gleich noch einmal. Wieder war leises Fiepen zu vernehmen. Ich getraute mich aber nicht den Kasten zu kontrollieren, da ich mit dieser Art früher schon einmal das Problem gehabt habe, dass nach einer Störung durch die Nistkastenkontrolle bereits gelegte Eier vernichtet und das Brutgeschäft aufgegeben worden ist. Ich gab ebenfalls auch hier mehr Mehlwürmer und am Morgen, bevor ich zur Arbeit gefahren bin, habe ich noch eine Handvoll extra in den Außenteil der Voliere geworfen. Ich versuchte sie so zu werfen, dass ein Teil der Würmer zwischen oder in die Pflanzkübel gefallen ist, so dass auch hier der Jagdtrieb befriedigt werden konnte. Außerdem musste das Futter so zusammengesucht werden und die Gefahr, dass alles auf einmal verfüttert wird und anschließend über einen längeren Zeitraum nichts mehr nachgereicht werden kann. ist so nicht so groß. Außerdem besorgte ich zusätzlich noch Buffallos (lebend, nicht gefroren) und Heimchen. Sobald meine Frau von der Arbeit nach Hause gekommen war, hat sie bei beiden Arten sofort wieder Lebendfutter gereicht. So konnten wir die erste Zeit gut überbrücken. Sobald die Jungen geschlüpft waren akzeptierten beide Paare nur noch Lebendfutter. Früchte oder Brei wurden kaum noch angerührt.

Nachdem einige Tage verstrichen waren und die Stimmen aus dem Kasten kräftiger wurden, getraute ich mich auch bei den Balistaren einmal in den Kasten zu schauen. Drei Jungtiere waren geschlüpft und putzmunter.

Am 16. Juli waren alle Tiere bereits so groß, dass ans Beringen gedacht werden konnte. Ich wusste bereits, dass Stare allgemein große Probleme mit Ringen an den Jungvögeln haben und sie den Jungen auch häufig wieder abreißen. Trotzdem wagte ich einen Versuch. Zuerst beringte ich die Javamaina. Das klappte erstaunlich gut und wir mussten lediglich die aufgeregten Beschimpfungen der Elterntiere ertragen. Gleichzeitig nutzten wir die Gelegenheit die Jungen zu wägen. Die Gewichte betrugen 62 Gramm, 78 Gramm, 79 Gramm und einmal 82 Gramm. Nachher wiederholten wir das Ganze noch bei den Balistaren. Dort wogen die Jungen 65 Gramm, 60 Gramm und 57 Gramm.

Jungtier der Balistare

Jungtier der Javamainas

Die Fütterung klappte also gut und die Jungen entwickelten sich prächtig. Leider musste ich feststellen, dass am andern Morgen die Ringe der Javamaina bereits am Boden außerhalb des Kastens herumlagen. Sofort kontrollierte ich den Kasten, den Jungen ging es aber gut. Dasselbe Bild bot sich auch bei den Balistaren. Aber auch hier machten die Eltern trotzdem mit der Aufzucht weiter.

Für dieses Jahr habe ich also auf das Beringen mit meinen eigenen Fußringen bei diesen beiden Spezies verzichtet. Da das Alter trotzdem deklariert werden muss habe ich die Tiere endoskopieren und einen Endoskopiering anlegen lassen. Auf dem Endoskopiezertifikat lassen sich dann auch die Angaben über Geburtsjahr oder Herkunft eintragen. Leider gilt dieses Zertifikat nicht offiziell als Herkunftsbescheinigung, sodass ich mir nächstes Jahr noch einmal Gedanken machen muss, wie ich das Problem mit den nicht akzeptierten Fußringen löse. Der Vorteil der Endoskopie ist, dass bei der Gelegenheit der Vogel auch medizinisch untersucht werden kann und somit auch noch über den Gesundheitszustand Aussagen gemacht werden können.

(Anmerkung: Balistare sind meldepflichtig und in Deutschland mit Artenschutzringen zu kennzeichnen.)

Die Eier beider Arten sind ziemlich genau gleich groß. Sie sind ungefähr 30 bis 32 mm lang und haben eine Breite von etwa 22mm. Die Eier der Balistare sind durchgehend hellblau, diejenigen der Javamaina sind ebenfalls von hellblauer Grundfarbe, jedoch zusätzlich braun gesprenkelt. Ein Gelege umfasst in der Regel 3 bis 5 Eier.  Die Brutdauer beträgt ungefähr 14 Tage.

Fütterung:

Beide Gattungen sollten abwechslungsreich gefüttert werden. Beide Arten bekommen bei uns eine Breimischung. Diese besteht entweder aus gewässerten Hundegetreideflocken oder Hundebisquit, welche mit einem Pürierstab zermahlen werden oder eine Mischung aus gehacktem Rind-/ Schweinefleisch, gehacktem Rinderherz, geraffelten Karotten und Sellerie, Edelhefe, Haferflocken, Weizenkleie und diversen Zusatzstoffen (Mineral und Vitamine). Ab und zu wird auch Hüttenkäse gerne genommen. Eigentlich sollten Balistare auch viel Früchte essen. Leider sind meine Tiere in der Hinsicht etwas speziell. Sehr gerne fressen sie an einer aufgeschnittenen Orange, die auf einem Brett aufgespießt wird. Diese wird in kurzer Zeit sauber ausgepickt. Ab und zu lassen sie sie sich noch auf einen Apfel oder eine Birne (am Stück zum Herauspicken) ein. Geschnittene Früchte oder Beeren bleiben aber in der Regel liegen. Ganz anders die Javamainas. Zusätzlich zum Brei mögen sie ihren täglichen, klein geschnittenen Fruchtsalat. Es werden eigentlich auch alle Arten von Früchten akzeptiert. Im Gegensatz zu den Balistaren lassen sie hingegen die Orangen unbeachtet. Sie bevorzugen zum Abpicken ganze Birnen. Beide Arten bekommen auch ein Weichfresserfutter das unter anderem auch Insekten enthält. Im Winter geben wir pro Tier auch etwa 2 – 3 Mehlwürmer lebend. Ab dem Frühjahr wird die Ration dann etwas grösser und es kommen noch Heimchen und andere Insekten, die wir fangen, dazu. Im Juni sind dann auch die Junikäfer ein beliebter Snack zwischendurch. Zur Jungenaufzucht geben wir auch noch zusätzlich Pinkymaden oder Ameiseneier, beides gefrostet.

Zum Schluss noch einige Bemerkungen zu dem europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP) für Balistare. Das Programm wird unterstützt durch viele Zoos, Tierparks und auch private Halter innerhalb Europas. Das Zuchtbuch wird geführt und das Programm koordiniert durch den Kölner Zoo.

Nach Aussagen von Bernd Marcordes, dem Kurator des Kölner Zoos, laufen derzeit aktuell wieder Versuche, Tiere im Bali Barat Park auszuwildern und anzusiedeln. Die letzte Meldung, die ich über die Freilandpopulation gehört habe, beläuft sich auf gerade noch 20 Tiere. Er konnte mir diese Meldung zwar ebenfalls bestätigen, verweist aber darauf, dass er nicht beurteilen kann, wie präzise sie ist. Dafür konnte er mir mitteilen, dass im Zuchtbuch momentan etwa 1000 Tiere erfasst sind, dass deren Anzahl aber leider auch am Sinken ist.

Literatur:

New Holland Field Guide to the birds of south-east Asia

(Craig Robson, ISBN 978-1-84330-746-4)

Der Bericht erschien in der Zeitschrift „Gefiederter Freund“ Nr.6 7 2008, des Verbandes EXOTIS in der Schweiz.