14 Feb, 2024

Tannenmeise / Periparus Ater

Tannenmeise / Periparus Ater

Steckbrief

Ordnung: Passeriformes – Sperlingsvögel
Unterordnung: Passeri – Singvögel
Familie: Paridae – Meisen
Gattung: Periparus
Art: Periparus Ater – Tannenmeise

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Die Tannenmeise ist ein in Mitteleuropa weit verbreiteter Brut und Jahresvogel. Mit ihrer knapp 11cm Länge gehört die Tannenmeise zur kleinsten Meisenart in unseren Breiten.
Markant an der Tannenmeise ist der schwarze Scheitel mit einem charakteristischen weißen Nackenfleck, der sich als weißer Längsstreifen vom übrigen schwarzen Nackengefieder abhebt.
Ähnlich der Kohlmeise hat die Tannenmeise eine weiße Wange und einen schwarzen Kinnlatz.
Die Unterseite ist gelblich bis weißlich, die Oberseite ist bläulichgrau bis olivgrau mit schmaler doppelter weißer Flügelbinde.
Eine Farbunterbrechung der Unterseite mittels schwarzen Streifen, wie bei der Kohlmeise, besitzt die Tannenmeise nicht.
Bei Erregung stellt die Tannenmeise ihre Kopffedern wie eine kleine Haube auf.

Die Tannenmeise ist ein unaufgeregter, geselliger Vertreter der Meisen. Meine erste Begegnung hatte ich vor einigen Jahren bei einem Bekannten im Garten. Als wir im Gespräch vertieft waren, besuchte uns eine Tannenmeise am Tisch. Diese Meise war es gewohnt Leckereien vom Tisch zu bekommen, und zeigte als wildlebender Vogel keine Scheu, ähnlich der Stadtspatzen in der Fußgängerzone oder in einem Zoo.

Unterbringung

Meine Tannenmeisen wurden in einer Dreiseitig geschlossenen, überdachten, etwa 2,60 m langen Voliere untergebracht.

Eingerichtet habe ich die Voliere mit Waldboden, in Form von Moos und trockenem Gras, morsche Birkenstämme und Birkenrinde mit Moosanhaftung, ausgekleidet mit Tannen- und Kiefernzweigen.

In der Annahme, das Tannenmeisen ähnlich wie Blau- oder Kohlmeise, nachts in Höhlen Schutz vor Fressfeinden und Witterung suchen, hatte ich von Beginn an verschiedene Brutmöglichkeiten angeboten.
Als Nisthöhlen habe ich einen Steinhaufen auf dem Boden, mehrere gehöhlte Birkenstämme und ein Kiefernstamm, sowie welche aus Brettern hergerichtet angebracht. Insgesamt wurden etwa 10 Nisthilfen in verschiedenen Höhen aufgehangen.
Diese Nisthilfen wurden bis zum zeitigen Frühjahr zwar durch das Weibchen öfter bei der Futtersuche angeflogen, jedoch wurde in der Dämmerung von beiden Vögeln nur das dichte Geäst aus Kiefern und Tannenzweigen als Schlafplatz ausgewählt.
Der Januar 2023 verlief mild mit Temperaturen um die 8°C bis 10 °C. Im Wald konnte ich bei Spaziergängen die Haubenmeisen bereits mit Reviergesängen wahrnehmen. So entschloss ich mich, die bis dato mit bei den Tannenmeisen untergebrachten Cardueliden in eine andere Voliere umzusetzen. Das Weibchen der Tannenmeise machte sich auch bald daran, an einem Birkenstamm vermehrt im Bereich des Höhleneingangs und im Höhleninneren zu hacken. Material aus dem Höhleninnere wurde gezielt nach Außen getragen.
Der erste euphorische Gedanke, „jetzt geht´s los“ verflog schnell, als das Weibchen bald kein Interesse mehr an diesem Stamm zeigte.
Dieses Hackverhalten zeigte das Weibchen an mehreren Höhlen. Während das Weibchen sich in alle Höhlen hineinzwang, inspizierte das Männchen die Nisthöhlen nur von außen.
Inwieweit hier nur die Suche nach Insekten ausschlaggebend war, oder aber echtes Interesse am Brutgeschäft bestand kann nicht beurteilt werden.
Das Männchen konnte beim Ablegen von Goldfliegenlarven und Sonnenblumenkernen in Rindenspalten und Moosgeflecht beobachtet werden.

Ab den Monaten März wurde stets feuchtes Moos, trockenes Moos, sowie frische Tannen und Kiefernzweige in die Voliere eingebracht. Erste reife Zapfen der Nadelbäume wurden angeboten und auch von den Meisen untersucht. Inwieweit hier der Samen oder mögliche Insekten das Ziel waren, konnte nicht genau identifiziert werden.
Die frischen Zweige wurden hingegen stets nach essbaren abgesucht.

Anfang Mai konnte beobachtet werden, wie das Weibchen an weißer Kokosfaser zupfte und das angebotenen Bündel regelrecht zerpflückte. Das Männchen hielt sich meist erhöht auf einem Ast auf und machte mittels heftigem Flügelschlag mit wimmernden schnellen Rufen auf sich aufmerksam.

Anschließend jagte das Männchen das Weibchen durch die Voliere mit anschließender Kopulation. Dieses Verhalten kannte ich bisher nur von Zeisigen.
Dieses mögliche Paarungsverhalten wiederholte sich täglich, so dass ich in der Folge auf den bisher ausgebliebenen Nestbau wartete. Nach etwa 2 Wochen legte sich das Männchen auf eine der angebotenen Nisthöhlen fest und versuchte energisch dem Weibchen diese Nisthöhle vorzustellen. Das Männchen flog hierzu ständig zwischen Weibchen und Einflugloch hin und her, und sprang auch in die Höhle ein. Dieser Vorgang zog sich über mehrere Stunden, bis das Weibchen dem Männchen folgte und ebenso den Niststamm anflog und einsprang.
Bei der Nisthöhle handelte es sich um einen Birkenstamm, nicht angewittert mit fester Rinde, das Einflugloch ca. 32mm im Durchmesser. Der Stamm wurde händisch auf ca. 14cm im Durchmesser und 20 cm in der Höhe ausgehöhlt.
Der künftige Niststamm stand in einer gedeckten Ecke auf dem Boden, das Einflugloch war ca. 15 cm über dem Boden. Das entspricht auch der in verschiedenen Beobachtungen in der freien Natur, wonach Tannenmeisen pragmatisch sind und jede Gelegenheit nutzen, wenn die Umstände passen. So wird berichtet, dass Tannenmeisen in hohen Höhen Baumhöhlen verwenden, wie auch verlassene Erdlöcher.
In der Zeitschrift „Vogelwarte-Zeitschrift für Vogelkunde“ aus 2002 wird durch die Autoren D. Winkler und W. Winkler beschrieben, wie ein Pärchen Tannenmeisen eine aktiv betriebene Wegschranke erfolgreich als Brutplatz wählten und hier ihre Jungvögel aufzogen.

Bis Ende Mai, also zwei weitere Wochen schaut sich das Weibchen wiederholend die anderen zur Verfügung stehenden Höhlen noch einmal an, wird hier aber immer wieder vom Männchen zum oben genannten Birkenstamm gelockt. Es mehren sich die Verfolgungsflüge mit Kopulation und der
Übergabe von Brautgeschenken durch das Männchen. In der Regel werden einzelne kleine Insekten oder aber feine Teile der Goldfliegenlarve gereicht.

Nach dem das Weibchen Anfang Juni die Nisthöhle vollends akzeptiert hat, folgt der Nestbau. Dieser wird allein durch das Weibchen vollzogen. Das Männchen reicht hier hin und wieder Kleinstmengen an Geschenken in Form von Futter. Die Kopulationen nach den beschriebenen Verfolgungsflügen werden beibehalten.
Für den Nestbau verwendet das Weibchen primär Moos, so wie man es auch aus Nisthilfen im Garten für Kohl- und Blaumeisennester kennt, welche man in der Regel im Herbst reinigt.
Nach wenigen Tagen stockte der Nestbau aus unerklärlichen Gründen, das Wetter hatte sich nicht verändert, die Fütterung wurde beibehalten und die Harmonie des Paares schien auch nicht gestört.
Es wurde weder Material in die Voliere eingetragen, entnommen oder sonst etwas verändert. Ratlosigkeit stellte sich ein.
Ich erinnerte mich, dass ich mit einem befreundeten Vogelhalter über die verschiedenen Arten von Moos scherzte, die es doch gibt. Da es unterschiedlich in Konsistenz und Struktur und Vorkommen ist, hatte ich es Moos vom Baum, Moos vom Waldboden und Moos von der Wiese benannt. Hier noch ob feucht oder trocken.
Mir kam der Gedanke, dass ich zwar jede Menge Baumaterial zur Verfügung gestellt habe, aber vielleicht nicht mehr genug Material zur Verfügung stand. Über eine eingebaute Kamera in der Voliere hatte ich erkannt, dass das Weibchen an einer Rinde zupfte, aber nicht genug Baumaterial zusammenbrachte.
Ich entschloss mich damit näher zu beschäftigen und Änderungen herbeizuführen. Am folgenden Tag ging ich durch einen Wald mit guten Birkenbestand und schaute mir die Moosbehangenen Stämme an. Als ich einen Stamm entdeckte, an dem für meine Gedanken geeignetes Moos anhaftete entnahm ich etwas und ging nach Hause. Hier band ich mit groben Draht das Moos an eine alte morsche Rinde aus der Voliere und stellte diese Rinde vertikal auf, imitierte also den zuvor im Wald entdeckten Stamm im Kleinformat. Nach kurzer Zeit konnte ich erkennen, wie sich das Tannenmeisenweibchen über das Moos hermachte, sich Teile herauszupfte um es anschließend zum Nest zu tragen. Für mich schien die Lösung gefunden zu sein, denn konnte ich bisher noch nie irgendeine Meisenart am Boden nach Moos suchend beobachten. Auch war das Moos am Boden etwas rauer als das feine vom Birkenstamm.
Das Weibchen baute also fleißig mit diesem neu eingebrachten Moos ihr Nest weiter um es dann später mit Pferdehaar auszupolstern. Andere Baumaterialien als Moos der Rinde und Pferdehaar wurde nicht verwendet.
Wir hatten nun den 24. Juni und der Gesang vom Männchen, was in der Regel kräftig hervorgetragen wurde, verstummte etwas bzw. wurde leiser. Das Weibchen beflog zwar die Nisthöhle, jedoch ohne Baumaterial. Es schien, als würde jetzt die Eiablage erfolgen. Nach einer Woche beobachten der Vögel über eine Kamera dann eine erste Kontrolle mittels Endoskop. In der Bruthöhle konnten 5 Eier auf den ersten Blick festgestellt werden.
Nun hieß es warten und beobachten, wann die erste Eischale in der Voliere zu finden ist.
Am 18. Juli nutzte ich die Chance, als hier das Weibchen die Höhle verlassen hat und versuchte mittels Endoskop festzustellen ob schon der Schlupf erfolgt war. Ich konnte hier zunächst 3 Jungvögel, später bei der genauen Bildauswertung 4 Jungvögel, entdecken. Der Größe nach sollte es der erste Schlupftag gewesen sein. Nach 4 weiteren Tagen entschied ich mich den Deckel der Bruthöhle zu öffnen um die Jungvögel ordnungsgemäß zu beringen. Mich blickten nun 6 hungrige Schnäbel an, allerdings noch viel zu klein um eine Beringung durchzuführen, folglich wiederholte ich den Prozess zwei Tage später, 6 Tage nach Schlupf. Da ich hier die Artenschutzringe nur schwer auf
den Fuß brachte, sollte hier der 5 Tage nach Schlupf, der Richtige Moment sein, die Tannenmeise zu beringen.
Alle sechs Jungvögel saßen/lagen nun mit dem Kopf in Richtung Nestrand und waren Gleichgroß.

Nach weiteren 2 Wochen, am 4. August verließen alle Jungvögel gegen Mittag ihre Höhle und wurden fortan von beiden Alttieren fleißig versorgt. Bis zur unabhängigen Futteraufnahme aller Jungvögel vergingen weitere 18 Tage.

Fütterung:

Bei der Fütterung habe ich versucht, mich jahreszeitlich und witterungsabhängig der Natur anzupassen. Das heißt an kalten Tagen im Winter, an denen kaum bis keine Insekten wahrgenommen werden, wird auch die Gabe von Insekten reduziert. Im Frühjahr und Sommer wird hier folglich die Insektengabe in Anzahl und Vielfalt erhöht.

Als Grundfutter steht den Tannenmeisen eine Körnermischung für Waldvögel zur Verfügung. Diese Mischung wird mit reichlich Sonnenblumenkernen erweitert, in der kalten Jahreszeit auch gern ein paar Körner Hanf beigelegt. Zusätzlich erhalten die Meisen noch Walnüsse. Hier halbiere ich nur die Nuss, so dass die Vögel sich aktiv den Leckerbissen erarbeiten müssen. Die Gabe von Walnüssen wird zum Frühsommer hin allmählich verringert und erst wieder im Spätsommer angeboten.

Uni Patee, als Weichfresserfutter steht ganzjährig zur Verfügung, wird aber nur gelegentlich genommen.

Ab dem Frühjahr, wenn die Pflanzen wieder wachsen, Bäume ihre Blätter tragen, und die Grasmücken singen, gebe ich wieder Wiesenplankton, was bevorzugt genommen wird.

Als Insekten biete ich gefrorene Goldfliegenlarven (Pinkie) an. Diese Larven werden bevorzugt in Olivenöl genommen, die Gabe in Wasser oder ohne Flüssigkeit wird ehr verhalten verzehrt. Bei steigenden Temperaturen habe ich jedoch auf Olivenöl und Wasser verzichtet, da die Tannenmeisen ohnehin diese Larven aus der Schale entnehmen, zu einem Ast fliegen und diese mit ihrem Schnabel bearbeiten.
Weiterhin werden während der Jungenaufzucht Mehlwürmer und Drohnenbrut angeboten.
Mehlwürmer wurden bis zur Jungenaufzucht durch die Altvögel verschmäht und auch während der Aufzucht nicht als primäre Futterquelle gesehen.
Drohnenbrut wird im bearbeiteten Zustand (blanchiert) serviert, aber auch gern durch die Altvögel frisch aus der Wabe entnommen. Zum Thema Fütterung der Drohnenbrut möchte ich gern auf den Artikel von Bernd Simon „„Bienenprodukte“ in der Vogelzucht“ verweisen.
Gibt man die Wabe direkt den Vögeln, so sollte man bedenken, dass man bald Ameisen als Gäste haben könnte. Hierzu gibt man als Schutz vor Ameisen die Wabe in eine Schale und diese wiederum in eine etwas Größere Schale mit wenig Wasser gefüllt. Die Schale soll so groß sein, das Ameisen nicht ungehindert durch das Wasser in die Drohnenschale gelangen, aber so klein, dass diese Schale nicht als Badebecken genutzt wird. Ich habe die Erfahrung gemacht, das eine „ungeschützte“ Wabe schnell mit Ameisen besetzt und diese dann von den Tannenmeisen gemieden wird.

Verschiedene Obstsorten wurden den Meisen angeboten, jedoch unangetastet wieder am Folgetag aus der Voliere entnommen.

Verfasser: Stephan Bohne und Dieter Schmotz
Bilder: Stephan Bohne