19 Aug, 2022

Rotschnabel-Sonnenvogel – Erfahrungen und Erkennisse

Erfahrungen und Erkenntnisse aus meiner Haltung von Rotschnabel-Sonnenvögeln.

Text: Stephan Bohne, Juni 2022

Fotos: Stephanie Klug  https://www.instagram.com/stephanieklug_fotografie/

Auf den Rotschnabel-Sonnenvogel (Sonnenvögel) Leiothrix lutea bin ich das erste Mal bei einem befreundeten Vogelzüchter aufmerksam geworden.

Hier stachen besonders neben der Weißbürzelschama (Schamadrossel) Copsychus malabarica auch die gesangsfreudigen Sonnenvögel durch ihr lebhaftes aber nicht scheues Verhalten hervor.

Für mich stand fest, diese Vogelart wird auch bei mir bald Einzug finden.

Meine ersten zwei Sonnenvögel zogen im Herbst 2018 ein.

Gekauft hatte ich beide in Vertrauen darauf, ein Paar zu erwerben. Um sicher zu gehen, dass es sich wirklich um ein Paar handelt, holte ich mir schnell Rat bezüglich der Geschlechterbestimmung ohne DNA-Test. Da mein Zuchtfreund zu diesem Zeitpunkt nicht vor Ort kommen konnte, beschrieb er mir sein vermeintlich sicheres Vorgehen dafür.

Mit folgendem Rat schritt ich zur Tat.

Ich solle die Vögel optisch trennen. Da die Sonnenvögel so sozial sind, würden die sich schnell suchen. Das Männchen würde singen, das Weibchen im Gegenzug eine Art „bellen“ hervorbringen.

Gesagt, getan, und innerhalb von ein paar Sekunden waren meine beiden Vögel mittels Schieber zwischen Schutzhaus und Freivoliere getrennt. Nun hörte ich beide „bellen“, also mussten es wohl Weibchen sein.

(Hiermit wurde auch klar, warum der Vorbesitzer klagte, dass er mit den beiden keinen Zuchterfolg hatte.)

Es galt also einen Partnertausch vorzunehmen, wobei mir mein Zuchtfreund half.

Das Jahr 2019 sollte nun mein erstes Jahr als „Weichfresserzüchter“ werden.

Da ich bisher nur Erfahrung in der Vermehrung von Cardueliden hatte, versuchte ich nun an Informationen über Rotschnabel-Sonnenvogel Haltungen zu kommen – wann die Balzzeit beginnt oder unter welchen Bedingungen gebrütet wird. In Foren und Berichten fand ich zwar einiges über den Sonnenvogel, aber in der Summe war alles doch sehr schemenhaft und für mich nicht zufriedenstellend.

Bei den einen fingen die Sonnenvögel im März an zu brüten, bei dem anderen erst im August. Zu welchem Part würden sich nun meine Vögel entscheiden, zeitiges Frühjahr oder Hochsommer?

So begann ich recht zeitnah meine Voliere von 6 x 3 m einzurichten. Verschiedene Nistmöglichkeiten in Form von Kieferbündeln, Nistklötzen und künstlichen Nistgelegenheiten wurden angeboten. Je ein Paar Gimpel (Dompfaff) Pyrrhula pyrrhula undErlenzeisig Spinus spinus, aus der Familie der Cardueliden, sollten mit den Rotschnabel-Sonnenvögeln gemeinsam leben.

Das Männchen sang fleißig und beide Vögel harmonierten sehr gut miteinander, so wie man es von den Sonnenvögeln kannte. Aber beide wollten nicht zur Brut schreiten, auch konnte ich nie einen Vogel mit Nistmaterial im Schnabel entdecken.

Für das Jahr 2020 musste eine Lösung her.

Einige Fragen bewegten mich. Stimmte die Fütterung nicht? War die Einrichtung der Voliere ungeeignet? Störte einer meiner Cardueliden die Zweisamkeit? Stimmt die Harmonie beider Vögel doch nicht? Ich hatte viele Fragen aber noch keine zufriedenstellende Antwort.

Was ich erfuhr war, dass schon Nachzuchten in Thujas und Buchsbäumchen hervorgebracht wurden. Also wurden nun zu den Kiefernbündeln für die Cardueliden auch Thujabündel in verschiedenen Höhen in der Voliere angebracht, später auch einige belaubte Zweige und Äste aufgehangen. Die Fütterung behielt ich so bei.

Im fortgeschrittenen Frühjahr konnte ich nun auch das Männchen zum ersten Mal mit einer Kokosfaser im Schnabel beobachten. Ich war nun überglücklich, ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Ich konnte nun jeden Tag das Männchen fleißig mit Halmen im Schnabel durch die Voliere fliegen sehen. Leider aber ohne sich im Ansatz für einen Volierenbereich zu entscheiden.

Ging das Weibchen auf das Werben des Männchens nicht ein?

Ich sprach mit weiteren Züchtern von Weichfressern, besuchte einige, um Sonnenvogelhaltungen anderer Züchter zu sehen und auch Fragen zu stellen. Wie waren die Voliereneinrichtungen? Was wurde gefüttert? Welche Nistmaterialien, welche Bodenstrukturen, welche Pflanzen wurden verwendet und wie verhält es sich mit Vergesellschaftungen? Ich versuchte viele Informationen zu sammeln.

Im Juli 2020 bemerkte ich dann, dass ich immer nur einen der beiden Sonnenvögel zu sehen bekam. Aufgrund der verschiedenen Farbringe war bald klar, dass ich beide Tiere abwechselnd sah. War es nun ein gutes Zeichen, nur einen Vogel zu sehen?

Nach langer Zeit entschied ich mich, alle üblichen und verdächtigen Ecken der Voliere abzugehen und um zu schauen, ob sich irgendwo ein Nest befindet. Die Suche verlief ohne Erfolg. Da meine Neugier aber doch groß war, entschied ich mich, eine Kamera zu installieren, um den heimlichen Vögeln auf die Schliche zu kommen. Ich verbrachte Stunden mit der Auswertung der Kameraaufzeichnungen und Livebilder, um im Ansatz zu erkennen, wo das Nest sein könne, aber ich habe die Vögel unterschätzt.

Selbst mit der Technik konnte ich das Nest nicht sofort entdecken und so kam es, dass mich eines Nachmittags 3 junge Sonnenvögel, aufgereiht auf einem Ast anstarrten.

Die Freude über die ersten Jungen meiner Sonnenvögel war riesig, aber wo war ihr Nest? Die Neugier ließ mich nicht los. Bei nochmaliger Auswertung der Aufnahmen der Kamera konnte ich einen Bereich der Voliere feststellen, der sehr oft von den Tieren frequentiert wurde. Man muss wissen, dass sich der Sonnenvogel munter durch das Unterholz oder Gebüsch bewegt und immer auf der Suche nach Insekten ist. Für mich war es also nicht auffallend, dass ein Thujabündel von oben angeflogen wurde, und der Vogel unten wieder herausflog.

Da immer noch nur ein Altvogel in der Voliere zu sehen war, obwohl nun die 3 Jungvögel ausgeflogen waren, konnte es sein, dass der zweite Altvogel auf einem neuen Gelege saß. Und tatsächlich, nach einige Wochen verließen wieder 2 Jungvögel das unbekannte Nest.

Wir hatten jetzt schon Herbst und ich machte mich auf die Suche, das gut versteckte Nest zu finden. Alles wurde durchforstet und auch alte Zweige bei der Herbstreinigung entfernt. Auf einem schmalen Bereich des Bündels Thujazweige, unmittelbar an der Wand zum Schutzhaus, konnte ich das Nest der Sonnenvögel entdecken.

Aber warum konnte ich trotz Kamera kein Brutgeschehen beobachten?

Ich bemühte mich, in den Aufnahmen die Ursachen oder das schlaue Vorgehen der Vögel zu erkennen.

Mit der ursprünglichen Annahme, dass sich die Altvögel einfach so durch das Gebüsch bzw. Thujabündel bewegen, lag ich falsch. Denn während oben ein Vogel sich zum Nest bewegte, verließ der andere parallel das Nest. So erkannte man mit der Kamera, nur die flüssige Bewegung „eines“ Vogels, anstatt die unabhängige Brutabwechslung beider.

Nun hatte ich zwar Jungvögel der Rotschnabel-Sonnenvögel, aber was war der ausschlaggebende Punkt dafür?

Sind meine Vögel Spätbrüter, oder hatte ich unbewusst noch was im Ablauf meines Züchteralltags im Sommer verändert, was für mich nicht primär entscheidend, aber für eine Brut entscheidend war, und die Sonnenvögel dankend angenommen hatten?

Das Jahr 2021 sollte nun Klarheit bringen.

Im März 2021 wurde die Voliere durch einen Anbau vergrößert und Pflanzen in Kübeln eingesetzt. Kübel deshalb, da der Volierenboden betoniert ist. Der Vorteil für mich ist hier eine bessere Grundreinigung zum einen und anderen können ungebetene Gäste wie Mäuse oder Ratten nicht von unten durch den Volierenboden eindringen.

Als Besatz der Voliere kamen diesmal Stieglitz Carduelis carduelis, Bartmeise Panurus biarmicus und das alte Paar Rotschnabel-Sonnenvogel in Betracht.

Pflanzen wuchsen neben der Voliere auf der gesamten West- und Südausrichtung.

In einer zweiten Voliere sollte ein junges Paar Sonnenvögel untergebracht werden. Die Gegebenheiten etwas zur ersten Voliere verändert. Wichtig für beide Volieren sollte aber die Bestückung mit „lebenden“ Pflanzen in Kübeln sein.

Das Frühjahr begann recht gut, die Bartmeisen fingen bereits im März an, im simulierten Schilfgürtel der ersten Voliere ein Nest zu formen und zur Brut zu schreiten. Das alte Paar Sonnenvögel begann wieder Halme zu schleppen. Wieder wurde nicht der ideale Brutplatz gefunden.

So schien es mir. Vielleicht wird es wie im Jahr zuvor und ich habe doch Spätbrüter, die erst im Juli mit der Brut beginnen. Entspannt beobachtete ich das Treiben in der Voliere.

Mitte Juni machte mich doch einiges stutzig. Meine Stieglitze waren brutwillig, fanden aber scheinbar keinen geeigneten Brutplatz und die Sonnenvögel waren sich auch noch nicht einig.

Auffallend war, dass die Bartmeisen in jedem Bereich der Voliere (25 m²) auffällig Präsenz zeigten

Konnten die kleinen hübschen friedlichen Bartmeisen solch eine Unruhe in die Voliere bringen?

Eines Tages entdeckte ich nun doch im Geäst der Thuja ein Nest der Sonnenvögel.  Dass die Bartmeisen nur einen Meter entfernt ihr Gelege hatten, störte sie anscheinend nicht. An drei aufeinander folgenden Tagen fand ich zerbrochene Eier der Sonnenvögel und die Tiere zeigten kein Interesse mehr an dem Thujastrauch.

Die Bartmeisen erhielten nun, eine Einzelvoliere, denn Sonnenvögel und Stieglitze sollten noch vor der Mauser ihre Chance bekommen, eine Brut durchzuführen.

Zwei Wochen nach dem Auszug der Bartmeise aus der Voliere entdeckte ich eine halbe Eierschale, die auf einen Schlupf deutete

Das Nest war diesmal in einer halben Kokosnussschale gebaut. Einen Jungvogel konnte ich betteln hören.

Nach ca. 12 Tagen dann das große Staunen, anstatt nur den einen zu erwartenden Jungvogel zu entdecken, saßen 4 Jungvögel verstreut in der Voliere.

Eine zweite Brut wurde dann von den Sonnenvögeln wieder in der Thuja aufgezogen. Hier wurde ein freistehendes Nest erstellt und es flogen wieder 4 Jungvögel aus.

Was hatte sich nun alles im Gegensatz zu 2020 geändert?

Die Bepflanzung habe ich sehr dicht an den Volierenrändern gestaltet. Es wurden einige Pflanzen in Pflanzkübel aufgestellt. Auf dem Volierenboden wurden einige Rasengittersteine verlegt und in den Zwischenräumen verschiedene Kräuter und Gräser eingesetzt. Die Ernährung wurde vermehrt durch Wiesenplankton ergänzt, welches sich auch zwischen den Gräsern sammelte und nicht gleich wieder die Voliere verließ.

Die Bewässerung habe ich so verlegt, das alles von außen gesteuert werden konnte. 

Das Jahr 2022.

Diesmal sollten die Sonnenvögel eine Voliere für sich allein bekommen, so dass ein Störfaktor durch falsche Vergesellschaftung ausgeschlossen werden kann.

Die Einrichtung behielt ich ähnlich wie im Vorjahr bei. Auf etwa 3m Länge stehen zwischen 2 Thuja-Pflanzen noch ein Holunder mit zwei kleinen Büschen, die aber erst in 3 oder 4 Jahren als mögliche Brutgelegenheit genutzt werden könnten. Die Bepflanzung ist wieder direkt in Drahtnähe, so dass zwischen Schutzhaus und Bepflanzung ein blickgeschützter Flugraum vorhanden ist. Der Boden ist mit Hecken-Schredder belegt.

Obwohl ich im März noch die „Winterfütterung“ angeboten hatte und der Gesang des Männchens auch zögerlich war, fingen beide Vögel an, verschiedene Halme zu schleppen. “Winterfütterung“ bedeutet, dass ich keine Insekten anbiete, sondern nur das handelsübliche Weichfresserfutter und eine Gräsersamenmischung bzw. Waldvogelfutter.

Nach dem die letzten 2 Jahre die Sonnenvögel ein stabiles freitragendes Nest geformt hatten, schlugen diesmal jeder Versuch fehl. Die Nestmaterialien landeten verteilt in der Thuja.

Als ich ein zerbrochenes Ei, aber kein Nest in der Thuja auffand, entschied ich mich kurzerhand zu unterstützen.

Nun brachte ich an der Stelle, die von den Sonnenvögeln scheinbar als Nestbaustelle ausgewählt wurde, eine handelsüblichen Nistunterlage mittels Kabelbinder an und legte zusätzlich noch ein altes Bartmeisennest hinein.

Die Sonnenvögel schienen dankbar, sofort wurde das Nest angenommen, etwas verfeinert und das erste Ei gelegt. So konnten am 15. Mai bereits die ersten 3 Jungvögel ausfliegen, wovon leider ein Jungvogel noch am ersten Tag verendete.

Da meine Sonnenvögel unmittelbar nach dem Ausfliegen der Jungvögel zur nächsten Brut schritten, konnten, auf den Tag genau einen Monat später (am 15. Juni) die nächsten 4 Jungvögel das Nest verlassen. Entgegen den letzten beiden Jahren musste ich diesmal die ersten Jungvögel aus der Voliere entfernen, da diese die zweite Brut aufgeregt jagten.

Am 16. Juni konnte ich den Jungvogel der ersten Brut, 4 Wochen nach Verlassen des Nests, bei den ersten Gesangsversuchen beobachten.

Ob die Sonnenvögel noch eine dritte Brut 2022 aufziehen, bleibt abzuwarten. Die Nestumbauten deuten aber daraufhin.

Ernährung:

Meine Sonnenvögel erhalten ganzjährig das Weichfresserfutter „Uni Patee“ von Versele-Laga als Grundfutter. Diese Mischung wird ab dem Frühjahr zwar noch aufgenommen aber in geringen Mengen.

Zu Beginn der Zucht, frühestens Ende März bis ca. Ende Oktober erhalten meine Sonnenvögel auch tierische Nahrung. Diese besteht hauptsächlich aus gefrorenen Pinkies, die mit Bierhefe und Mineralstoffen bestreut werden. Zusätzlich erhalten die Sonnenvögel während der Aufzucht Wiesenplankton. Mehlwürmer und Drohnenbrut werden selten gereicht.

Ganzjährig steht ein Gefäß mit einer Waldvogelkörnermischung bereit, hier wird ab dem Herbst regelmäßig genommen, während der Zucht konnte ich noch keine Aufnahme feststellen.

Eine Bademöglichkeit steht das ganze Jahr bereit.

Aus hygienischen Gründen verwende ich pro Voliere 2 bis 3 Vogeltränken, so dass eine in Benutzung ist, während die anderen beiden entweder in der Spülmaschine gereinigt werden oder genügend Zeit für die Trocknung gegeben ist. Bei den Badehäusern wird ebenso verfahren.