Starweber
Die Familie der Weber (Ploceidae) wird nicht den Weichfressern zugeordnet. Da sich aber die Starweber (und u.a. auch die Rotschwanzweber) überwiegend wie Weichfresser ernähren, fanden die Beiträge über die beiden Weberarten auf dieser Homepage einen Platz.
Systematik:
Ordnung: Passeriformes, Sperlingsvögel
Familie: Ploceidae, Weber
Gattung: Dinemellia
Art: Dinemellia dinemelli Rüppel (1845)
eine Unterart: D. d. boehmi Reichenow (1885)
Unterarten haben keine offiziellen deutsche Namen, aber häufig sind noch alte Bezeichungen gebräuchlich. Die Unterart D. d. boehmi wird oft noch „Böhms Starweber“, „Böhms Viehweber“ oder manchmal auch „Reichenows Starweber“ genannt
Namen:
Deutsch: Starweber (oder Weisskopf – Büffelweber, oder Viehweber)
Englisch: White-headed Buffalo Weaver
Französisch: Tisserin dinemelli
Text und Fotos: Andy Fuchs
Allgemein:
Starweber wurden 1910 erstmals durch Fockelmann nach Deutschland importiert. Da der Bestand in freier Wildbahn nie groß in Gefahr gewesen ist wurden die Tiere bis zur Importsperre durch die Vogelgrippe auch weiterhin in Europa eingeführt. Der aktuelle Schutzstatus (Eintrag vom 09. Aug. 2018) auf der IUCN Redlist lautet „least concern“ (LC) also geringste Gefährdung. Die meisten Tiere gingen wohl an Zoos und Tierparks, aber auch einige private Halter kamen so in den Besitz von Starwebern. Obwohl die Tiere seit Jahren in Europa vertreten waren, gelangen die Zuchten in Gefangenschaft erst sehr spät. Erstmals wurde der Starweber in England erfolgreich nachgezüchtet, 1993 dann in Österreich. Die Erstzucht in Deutschland dürfte im Jahre 2004 Olaf Kühn aus Storkow gelungen sein. Olaf Kühn war es auch der in der Haltung der Starweber neue Wege beschritten hat. Er begann die Tiere nicht wie Körner- sondern als Weichfresser zu behandeln und entsprechend zu füttern. Dies führte in Kombination mit der Einzelhaltung der Brutpaare dann letztlich zu den gewünschten Ergebnissen.
Experten sind sich über den wirklichen Stand des Starwebers in der Natur nicht einig, die Einen betrachten ihn als Webervogel, die Anderen ordnen ihn den Staren zu. Das erklärt auch seinen deutschen Namen.
Rein äußerlich ist er sicherlich den Webern zuzuordnen, schon allein die kurze Schnabelform lässt den Körnerfresser gut erkennen. Aber bereits Bielfeld beschreibt in seinem Buch über die Webervögel die Nahrung sehr weichfresserlastig. In seiner Heimat kann der Starweber häufig zusammen mit dem Dreifarbenglanzstar (Lamprotornis superbus) auf der Jagd und bei der Futtersuche beobachtet werden. Das lässt ebenfalls auf ähnliche Bedürfnisse der beiden Gattungen in der Ernährung schliessen. Der Name Viehweber rührt übrigens daher, dass die Vögel in freier Wildbahn häufig die Nähe zu Kaffernbüffel (Syncerus caffer), Weidevieh oder anderem großen Wild suchen. Seine Nahrung sucht der Starweber in den Savannen und Akazienwäldern, häufig auch am Boden. Es sind sehr geschickte Jäger am Boden und bei Bälgen wurde bei der Untersuchung von Mageninhalten auch häufiger Rückstände von Käfern gefunden.
Vorkommen und Aussehen:
Die Starweber leben im Nordosten Afrikas, vom Südosten Sudans, Südäthiopien bis hinunter nach Südtansania und dem südöstlichen Teil Zaires. Die Nominatform d. dinemelli lebt im nördlichen Teil dieses Verbreitungsgebietes, die Unterart d. boehmi im Südlichen.
Sofort fällt einem beim Betrachten eines Starwebers die orangerote Färbung der Bürzelregion auf. Die Vögel können bis 22 Zentimeter gross werden, Männchen und Weibchen sind gleich gefärbt.
Dinemelli d. dinemelli:
Kopf, Kehle, Brust und Bauch sind weiss gefärbt. Flügel, Flügeldecken, Rücken und Schwanz sind von bräunlichschwarzer Färbung. Die Handschwingen sind mit einer weissen Querbinde versehen. Der Flügelbug, die Ober- und Unterschwanzdecken und der Bürzel sind ziemlich hellorange gefärbt.
Dinemelli d. boehmi:
Wie die Nominatform, nur hat diese Gattung kein Weiss in den Flügeln. Die Flügel und Rückenfarbe sind schwarz und der Bürzel und Flügelbug sind rostrot. Der Schnabel und die Füsse sind bei beiden Arten schwärzlich, die Augen sind innen hell bräunlich mit einer weisslichgelben Iris außen.
Erste Versuche:
Den ersten Kontakt mit Starwebern hatte ich im Vogelpark in Walsrode. Dort stachen sie mir wegen ihres weissen Gefieders von weitem ins Auge.
Sie gingen mir von da an nicht mehr aus dem Kopf und im Herbst desselben Jahres wurde plötzlich ein Paar im Internet zum Kauf angeboten. Beim ersten Inserat siegte noch die Vernunft, aber als sie dann ungefähr einen Monat später noch einmal ausgeschrieben wurden habe ich den Verkäufer angerufen. Mitte Dezember 2008 habe ich sie dann übernommen. Da ich alle Vögel für den Winter bereits untergebracht hatte wollte ich keine Voliere umbesetzen und baute ihnen im Innenraum in der Futterkammer eine Notunterkunft. Kurz vor Weihnachten fuhr ich dann mit ihnen zu Dr. Sandmeier und ließ sie endoskopieren und tierärztlich untersuchen. Danach richtete ich ihnen ihre Bleibe mit mehr Ästen und einer Bademöglichkeit ein. Aus der Literatur wusste ich, dass sie Stecknester bauen, das heißt sie stecken das Nistmaterial ineinander. Wir besaßen noch einen alten „Chriesichratte“ (Korb zum Kirchenpflücken) der nicht mehr gebraucht wurde und ich entschloss mich, den als Grundlage für ein Nest in die Voliere zu hängen. Die Form ergab ja schon eine Höhle und durch das Weidengeflecht konnten problemlos weitere Stöcke gesteckt werden. Diese Behausung wurde auch sofort angenommen, nur nicht als Nistbasis. Die Vögel saßen aber gerne darin und schauten hinaus oder schliefen. Mitte Januar begannen sie aber vermehrt sich für das angebotene Nistmaterial zu interessieren. Die Voliere war bestückt mit weichen und flexiblen Föhrenästen. Darin fanden sich dann immer häufiger Teile von Stroh und Heu. Nun galt es herauszufinden was sie benötigen und ich begann ihnen alles anzubieten was die Natur so hergegeben hat. Gemäß Bielfeld bauen sie ihre Nester in der Natur vorwiegend mit stacheligen Ästen und Materialien, um Nesträuber abzuhalten.
So gab ich auch Teile vom Feuerdorn und Sanddorn dazu. Das Material wurde auch sofort akzeptiert und verbaut. Nur ich konnte mich mit dem Gedanken, dort später hineinzugreifen, um beispielweise die Jungen zu beringen, gar nicht anfreunden. So ließ ich diese Materialien weg und versuchte es mit normalem Baumaterial. Wir besorgten dünne Äste von Hasel, Birke und so weiter. Diese schnitt ich in Stücke von 20 bis 30 Zentimeter Länge. Dazu kamen viel Stroh, Heu, Schilf und Teile diverser Kletterpflanzen. Damit begannen die Vögel nun ein nestähnliches Gebilde auf einer Astgabel aufzubauen. Tagsüber saßen sie viel herum und hielten Siesta, abends ab 19.00 Uhr begannen sie plötzlich wie verrückt am Nest zu arbeiten. Da ich von der Küche aus genau in ihre Voliere schauen konnte, nutzte ich dies aus und saß häufig ohne Licht in der Küche, um sie zu beobachten. Herantransportiertes Nistmaterial wurde genaustens beäugt, dann das Nest von allen Seiten eingehend studiert, um den besten Platz für das jeweilige Stück zu finden. Man sah, dass die Tiere genau wussten was sie taten und nicht zum ersten Mal an einem Nest bauten. Es konnte auch vorkommen das Material von einem Vogel vom Partner wieder herausgearbeitet und anderswo verwertet wurde. Besonders interessant war es zu sehen, wie eine Höhle geformt wird. Erst wurden eine Lage Äste verlegt als Basis für den Boden. Darauf wurde eine zweite Lage aufgebracht und ein Vogel schlüpfte dann dazwischen, um diese mit den Schultern oder dem Rücken nach oben zu drücken. Wurden nun neue Aststücke ins Nest gesteckt und wieder gedrückt, schoben sich die Teile immer weiter ineinander und verkeilten sich zusehends. Das ergab eine zunehmend stabilere Konstruktion. Danach machten sich die Vögel an das Ausstaffieren mit weichem Material und das Weibchen begann nun, auch in dieser Höhle zu übernachten. All das dauerte aber nun schon fast 3 Monate und es war nicht abzusehen, wie lange es noch brauchen würde das Nest fertig zu stellen. Anlässlich eines Besuches in Berlin konnte ich mich mit Olaf Kühn persönlich unterhalten und erfuhr von ihm, dass ein gesamtes Nest normalerweise in 2 – 3 Wochen aufgebaut wird.
Balz und Nestbau:
Aufgrund dieser Erkenntnis entschied ich mich den Versuch an dieser Stelle zu stoppen und die Tiere umzusetzen. Ich bereitete in der Voliere, in der zuvor die Javamaina (Acridotheres javanicus) saßen, eine einfache Nistunterlage aus Volierendraht zu. Diese Unterlage befand sich etwa 50 Zentimeter unter der Decke. Da die Decke schräg verläuft betrug die Höhe in der hinteren Ecke nur gerade 15 Zentimeter. Einen starken Sitzast ließ ich gleich montiert und befestigte das Gitter mit Kabelbindern noch zusätzlich daran.
Dann gab ich frisches Nistmaterial innen und außen verteilt in die Voliere, setzte im Außenbereich die Badeschale wieder hinein und plazierte dann die Vögel um. Nachdem sie den ganzen Winter über drinnen gewesen sind genossen sie das Leben draußen natürlich ausgiebig. Ich dachte auch, einmal eine Gattung erstanden zu haben, die in den Lautäußerungen sehr angenehm ist. Im Innenraum war jeweils nur ein Piep zu hören, so leise vorgetragen, dass es kaum zu hören war. Nur ab und zu beim Füttern, wenn man sich der Voliere genähert hat, war ein Warnschrei zu vernehmen. Kaum waren sie aber draußen, war nur noch der Warnschrei zu hören, ein ansteigendes „iiih iiit“. Aber verglichen zum Beispiel mit den Pennantsittichen (Platycercus elegans) war der Ton doch noch angenehm, obwohl er sich doch recht exotisch anhört. Schon am ersten Tag wurde das innen angebrachte Drahtgeflecht in Augenschein genommen und die neue Situation ausgiebig studiert. Und siehe da, es wurde auch sogleich angefangen Material zu stecken, zuerst aber draußen in die Volierenmaschung. Es dauerte aber nicht lange bis die ersten Bauten im Innenraum anfingen und die Nisthilfe in Beschlag genommen wurde. Zu meinem Erstaunen wirkte die Bautätigkeit hier aber eher konzeptlos. Obwohl ich haufenweise flexibles Geäst, Stroh, Heu und sonstiges Material zur Verfügung stellte geriet der Nestbau zusehends ins Stocken. Äste und Stroh, sowie auch das Material zum Ausstaffieren wurden praktisch nicht beachtet. Da es häufig geregnet hat und das Nistmaterial draußen auf dem Volierenboden entsprechend auch modrig geworden ist, besorgte ich mir kleine Körbe welche ich an unterschiedlichen Stellen an der Volierenmaschung montiert habe. Dort gab ich nun das Material hinein. Aber auch das brachte keinen entsprechenden Erfolg, der Nestbau ging weiterhin schleppend voran. Irgendwann ist mir dann aufgefallen, dass hinter dem dicken Sitzast eine Nestmulde am Entstehen war, ähnlich den Nestern wie sie beispielweise Amseln (Turdus merula) oder Hausrotschwänze (Phoenicurus ochruros) bauen. Das begann ich genauer zu beobachten und holte auf der Wiese neben unserem Haus frisches Gras. Die Vögel begannen sofort, das Material zu untersuchen und fingen an, Rispengräser in den Innenraum zu tragen. Das heißt sie rupften die Samenrispen vom Stengel, welchen sie nicht mitverarbeitet haben. Nun hieß es für uns also Gräser zusammensuchen. Ungefähr alle 2 Tage machten wir uns auf den Weg, um frisches Material zu besorgen. Da zu der Zeit auch noch die Gräserblüte begonnen hatte lebte mein Heuschnupfen ebenfalls wieder einmal richtig auf. Trotzdem zogen wir unser Ding durch und besorgten das benötigte Material. Wir gaben es in die Voliere, die Vögel begannen die Rispen abzubeissen und nach innen zu tragen und nach 24 Stunden wurde dem Restmaterial dann bereits wieder kein Interesse mehr geschenkt. Aber das Nest wuchs heran, erst eine Mulde ganz oben in der Ecke, dann eine zweite Mulde etwas weiter unten und in der Folge etwas das aussah wie ein Gang, der zu meinem Entsetzen offenbar unter dem Sitzast hindurch beginnen sollte. Die Öffnung dort hätte dann nur wenige Zentimeter betragen und in Kombination mit der Kurve hinter dem Sitzast, hätte ich auch nie nur den Hauch einer Chance gehabt ins Nest zu sehen, geschweige denn zu greifen. Der Nestbau ging weiter, prioritär bauten beide Vögel an der oberen Höhle. Parallel dazu entstand aber auch die Zweite und es zeichnete sich ab, dass Weibchen und Männchen in getrennten Nisthöhlen schliefen. Um das Weibchen nicht zu stören hängte ich noch ein altes Küchentuch vors Nest, dahinter hatte sie dann ihre Ruhe. Das gesamte Nest wurde nun mit Grasrispen aufgebaut, anderes Material wurde praktisch nichts mehr verbaut.
Da wir tagsüber Arbeiten und nicht zu Hause sind und die Vögel sich stets nach drinnen oder in den hinteren Teil der Voliere zurückzogen, wenn man sich der Anlage genähert hat, war es mir leider nicht möglich das Balzverhalten der Tiere zu beobachten. Gemäss Literatur sieht das Balzgehabe des Männchens folgendermassen aus: weites Flügelspreizen bei ganz aufrechter Haltung mit anschliessendem Vorbeugen und begleitendem Gekreische.
Gelege und Aufzucht:
Die Angaben über die Gelegegrösse gehen auseinander. Es ist einerseits von 2 – 3 Eiern die Rede, andere Angaben geben 3 – 5 Eier an. Ich entdeckte am 30. Mai in der oberen Nestmulde 2 frisch gelegte, kalte Eier. Bei einer weiteren Kontrolle am 12. Juni waren immer noch 2 Eier im Nest und warm. Bei einer Entwicklungszeit von 14 Tagen wäre langsam der Termin zum Schlupf gekommen, doch auch die nächsten Tage änderte sich die Situation nicht. So entfernte ich beide Eier am 26. Juni enttäuscht aus dem Nest. Bereits am 3. Juli lagen aber schon wieder 2 neue Eier darin. Um die Vögel an meine Anwesenheit zu gewöhnen, begann ich häufiger ins Nest zu schauen, was wegen der hohen Lage nur mittels mitgebrachter Trittleiter möglich war. Am 6. Juli lagen dann 3 (kalte) Eier im Nest und bei einer Kontrolle 2 Tage später stellte ich fest, dass die Eier jetzt warm waren, das Weibchen das Brutgeschäft also wieder aufgenommen hat.
Die Eier des Starwebers sind von blaugrauer Grundfarbe mit dunkeln Flecken und Sprenkeln übersät. Sie sind etwa 20 x 32 Millimeter groß. Ein befruchtetes Ei, das ich gewogen habe, wog kurz vor dem Schlupftermin etwa 7 Gramm. Ungefähr am 16. Juli entnahm ich die Eier dem Nest, um sie zu kontrollieren. Bei einem Ei klappte das Durchleuchten, man konnte deutlich die Luftblase im Innern erkennen. Es war also unbefruchtet. Das zweite Ei war leider defekt, die Schale war aufgebrochen. Durchleuchten hat nicht funktioniert, es bestand also Hoffnung, dass es befruchtet war.
Beim dritten Ei war ein Durchleuchten auch nicht möglich, man konnte nichts erkennen. Auch dieses dürfte also befruchtet sein. Was aber sollte nun mit dem defekten Ei passieren. Ich hatte schon in einem Bericht vom Loro Parque gesehen, dass Dr. Reinschmidt ein defektes Ei mit Kleber repariert hat, das wollte ich aber nicht riskieren da das Loch ziemlich gross gewesen ist. Am dritten Ei klebten noch Daunenfedern und etwas Kot der Alttiere, das putzte ich aber auch nicht weg, um das Ei nicht noch zu schädigen. Ausserdem konnte ich mittels einer Kamera das Nest etwas überwachen und die Daunenfedern waren auf dem Bildschirm gut zu erkennen.
So gewöhnte ich mich an den Gedanken, dass der Embryo im defekten Ei vermutlich austrocknen wird und legte alle drei Eier zurück. Leider verschob das Weibchen dann das Gelege an eine Seite des Nestes, so dass ich mit der Kamera nicht mehr filmen konnte. Also musste ich das Nest herkömmlich überwachen. Da ich nicht nahe genug an die Mulde herangekommen bin, um hineinsehen zu können, fing ich an mit der Digitalkamera im Videomodus jeweils das gesamte Nest zu „scannen,“ um dann nachher ausserhalb der Voliere nachschauen zu können was weiter passiert. Am Samstag, dem 18. Juli, lagen plötzlich nur noch 2 Eier im Nest, die Kontrolle ergab, dass das unbefruchtete Ei fehlte. Die Aufnahmen waren zwar meist unscharf und wackelig, trotzdem konnte ich am 21. Juli das erste geschlüpfte Kücken entdecken.
Ab dem Tag schoss ich zur Dokumentation der Entwicklung täglich ein Bild des Jungtieres. Darauf stellte ich mit Erstaunen fest, dass das Ei mit der Daunenfeder, also das vermeintlich einzig befruchtete, immer noch unbeschädigt im Nest gelegen hat, was zwangsläufig bedeutete, dass der Kleine aus dem defekten Ei stammen musste. So hoffte ich weiter auf ein zweites Jungtier aber nichts weiter geschah. Am neunten Tag habe ich den Jungvogel dann mit einem 5,5 Millimeter großen, geschlossenen Ring beringt. Um kein Risiko einzugehen habe ich den Ring mit einem hautfarbenen Heftpflaster abgedeckt. Irgendwann zu der Zeit ist dann auch das dritte Ei plötzlich verschwunden gewesen. Leider war somit keine Kontrolle mehr möglich ob es befruchtet gewesen wäre. Die weitere Entwicklung des Jungtieres erfolgte problemlos, von den Eltern wurde es mit vorwiegend tierischer Nahrung und gekochtem Reis versorgt. Ich stellte ihnen jeden Morgen eine Schale mit Mehlwürmern, Zophobas, 2 – 3 gefrosteten Wüstenheuschrecken und gefrosteten grossen Heimchen, gekochtem Reis und klein geschnittenen Trauben hin. Dazu warf ich am Mittag noch einmal etwas Mehlwürmer in die Voliere und am Abend kriegten die Eltern, je nachdem was vorhanden war, Wüstenheuschrecken, Rosenkäferlarven oder Schaben, diesmal lebend zum Bejagen. Am 18. Oder 19. Tag war das Gefieder des Jungvogels vollständig entwickelt und ungefähr ab dem 20. Tag begann das Jungtier dann seine Umgebung etwas zu erkunden und wechselte von da an auch ab und zu die Nisthöhle. Am 23. Tag seiner Entwicklung legte das Weibchen bereits wieder ein frisches Ei in das bestehende Nest, obwohl das Jungtier sich noch immer darin befand und bisher nicht ausgeflogen war.
Ernährung:
Ich wechsle ab zwischen einer Großsittichmischung mit Sonnenblumenkernen und einer feinen Mischung für Wellensittiche. Dazu bekommen die Vögel Kolbenhirse. Früchte in allen Variationen werden in ungefähr 1 Zentimeter grosse Stücke geschnitten. Entweder bekommen sie diese als reinen Fruchtsalat oder in Kombination mit Kräutern, gehacktem Salat, Gemüse und Orlux Uni Pattee Weichfresserfutter. Das Weichfresserfutter, etwas Orlux Insektenfutter und Beoperlen stehen praktisch immer zusätzlich zur Verfügung. Daneben bekommen sie täglich noch eine kleine Handvoll Mehlwürmer und 4 – 5 Zophobas pro Vogel. Ebenso ist es unerlässlich, den Vögeln immer eine Schale mit Sand und Mineralien zur Verfügung zu stellen.
Fazit:
Es handelt sich sicher bei den Starwebern um eine ganz besondere Art der Webervögel. Es wäre schade, wenn es dieser Gattung wie vielen andern ergeht, die nach dem Importstop langsam aus unseren Volieren verschwinden. Mit etwas gutem Willen und Geduld bei der Zucht, ist es sicherlich möglich die Starweber nachzuzüchten. Es funktioniert aber meiner Meinung nach nur, wenn man ihnen die richtigen Bedingungen bietet, die Ernährung anpasst und vor allem bei Zuchtversuchen die Tiere nur paarweise hält. Ebenso ist es nötig, die Vögel zu beobachten und auf ihre persönlichen Bedürfnisse einzugehen, wie zum Beispiel dem komplett von den Regeln abweichendem Nestbau meiner beiden Schützlinge. Die Starweber danken es einem dann mit einer relativ unkomplizierten Aufzucht ihrer Jungen.
An dieser Stelle hätte der Bericht eigentlich geendet, aber inzwischen ist aus dem Zoo Köln eine weitere interessante Beobachtung gemeldet worden. Der Kölner Zoo hält 4.7 Starweber, 3 Paare wurden gemäss den bisherigen Erfahrungen einzeln in der geschlossenen Zuchtanlage gehalten. Ein Männchen lebte zusammen mit drei Weibchen in einer grossen Voliere im öffentlichen Teil des Zoos. Überrascht stellten die Tierpfleger nun fest, dass auch in dieser Anlage ein Brutgeschäft im Gange ist. Offenbar konnte auch beobachtet werden, dass sich das Männchen mit verschiedenen Weibchen paarte. Dies würde bedeuten, dass die bisherige Annahme, wonach vor allem die Einzelhaltung dieser Gattung zu Bruterfolgen führt, falsch ist und die Nachzuchten praktisch nur durch die geänderte Umstellung der Fütterung als Weichfresser den Kern der Lösung darstellt.
Der Beitrag erschien in der Zeitschrift „Gefiederter Freund“ Nr. 2 / 2010, des schweizerischen EXOTIS-Verbandes.